DEUTSCH

 

Bent Christensen

 

 

 

Pastor, dr. theol. Bent Christensen, Fuglsevej 5, DK-4960 Holeby

 

 

 

 

Letzte Revision dieser Seite 13.07.10: »Ansprache« nach der Heiligen Messe am Sonntag des Internationalen Gemeindefestes in Nebelschütz (Kreis Kamenz) in der Lausitz (Bundesland Sachsen) 11.07.10. - Neuster Text in »KIRCHE UND TEOLOGIE 1 - PREDIGTEN UND ANDERE GOTTESDIENSTLICHE TEXTE«.

 

Lesen Sie auch Englisch? Dann bitte ich Sie, auch die Seite ENGLISH zu öffnen! (Unten auf dem Menü). Hier finden Sie zum Beispiel das englische Resumé meiner Grundtvig- Abhandlung über »Die Wissenschaftlichkeit Grundtvigs« (1998). - Und lesen Sie Polnisch, bitte ich Sie die Seite POLSKI zu öffnen! (Auch unten auf dem Menü).

 

 

SORBISCHE LINKS:

 

www.sorben-wenden.de

www.serbski-institut.de.

 

Gemeinde Nebelschütz / Gmejna Njebjelčicy:

www.nebelschuetz.de

 

Facebook-bilderalbum "Mine vendiske venner" (Meine Sorbische Freunde) (Lichtbildvortrag, Bilder mit  - leider nur Dänischem - Text):

http://www.facebook.com/media/set/?set=a.192273737473166.47758.100000716224349&type=1&l=885eec3c22

 

Der Schluss meines Artikels in "Informator Polski", dessen Deutsche Version, man noch im Oktober 2011 auf der Internetseite der Gemeinde Nebelschütz lesen konnte:

http://www.nebelschuetz.de/index.php?id=1246&L=%2F..%2F..%2F..%2F..%2F..%2F..%2F..%2F&fb_source=message

 

 

 

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INHALT (jüngste Texte obenan in jeder Abteilung)

 

 

PRÄSENTATION

 

KIRCHE UND TEOLOGIE 1 - PREDIGTEN UND ANDERE GOTTESDIENSTLICHE TEXTE

 

»Ansprache« nach der Heiligen Messe am Sonntag des XVII. Internationalen Gemeindefestes in Nebelschütz (Kreis Kamenz) in der Lausitz (Bundesland Sachsen) 11.07.10.

 

»Ansprache« nach der Heiligen Messe am Sonntag des XVI. Internationalen Gemeindefestes in Nebelschütz (Kreis Kamenz) in der Lausitz (Bundesland Sachsen) 13.07.08.

 

»Ansprache« nach der Heiligen Messe am Sonntag des XI Internationalen Gemeindefestes in Nebelschütz (Kreis Kamenz) in der Lausitz (Bundesland Sachsen) 14.07.02.

 

»Ansprache« nach der Heiligen Messe am Sonntag des VIII. Internationalen Gemeindefestes in Nebelschütz (Kreis Kamenz) in der Lausitz (Bundesland Sachsen) 11.07.99.

 

KIRCHE UND TEOLOGIE 2 - TEOLOGISCHE TEXTE UND TEXTE ÜBER GRUNDTVIG

 

Zwischen Katholizität und »Low Church« Volkskirchlichkeit. Das Verstehen von Kirche und Gottesdienst in der Grundtvig’sch-dänischen Tradition. - Deutsch-dänisches Pfarrer-Seminar, Güstrow, Mecklenburg, 20 Februar 2002

 

N.F.S. Grundtvig und seine Gedanken über »folkelig livsoplysning« - Volkstümliche, »volkhaftige« Lebensaufklärung oder Lebenserhellung. - Vortrag auf »Der Volkshochschule für Ruheständler Marielyst« (Falster, Dänemark). 05.09.00

 

ANDERE TEKSTE

 

Alle werden uns lieben. - 02.03.06. - Ein Kommentar zu einem Artikel in der „Zeit“ (16.02.06): „Warum hassen sie uns“.

 

Ich danke der Redaktion „Der Welt“ - Und ich bitte alle Demokraten um Hilfe. - 01.02.06. In der Situation, wo Dänemark unter Angriff von den Islamisten war.

 

Humanismus und Freiheit. Wir wollen in Freiheit in einem dänischen Dänemark leben können. - Artikel in der Österreichischen Wochenzeitung »Zur Zeit« Nr. 51-52/01, 21. Dezember 2001 – 3. Jänner 2001

 

 

 

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EINE PRÄSENTATION

 

Geboren 1943. Arbitur 1962. Leutnant der Reserve 1964. (Sogenannter Sprachoffizier mit Russisch). Magister der skandinavischen und der russischen Sprachen (und Literaturen) 1968. Gymnasiallehrer 1968-1971.

 

»Zusätzliches theologisches Examen« 1971. Gemeindepfarrer (»sognepræst«) 1971.

 

Feldgeistlicher bei dem dänischen Bataillon der UNO-Truppe auf Zypern (DANCON/UNFICYP) November 1977.

 

Lic. theol. (licentiatus theologiae = PhD) 1985. Abhandlung: »Die Stellung und Bedeutung des menschlichen Lebens und seiner Welt im Christentumverständnis N.F.S. Grundtvigs« (1783-1872, der große dänische Pfarrer, Theologe, Philosoph, Historiker, Mythologe, Dichter, Pädagoge und gesellschaftlicher und völkischer Leiter, einer der größten und einflussreichsten Persönlichkeiten der Geschichte Dänemarks und der dänischen Kirche). Das Buch herausgegeben 1987 (324 S.).

 

Dr. theol. (doctor theologiae = DD) 1998. Abhandlung: »Die Wissenschaftlichkeit Grundtvigs« (629 S.), herausgegeben 1998.

 

 

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1990: Sekretär und Dolmetscher (deutsch) während des Besuches einer Delegation der polnischen lutherischen Kirche. Danach Studium der polnischen Sprache und Briefwechsel auf Polnisch. Teilnahme während Besuche von Polen in unserer Diözese.

 

1990-: Teilnahmen an vielen Aktivitäten während Besuche in Dänemark aus Russland, der Ukraine und Polen.

 

1992: Beobachter  der Dänischen Kirche bei »Dem neunten Theologischen Gespräch Der Russischen Orthodoxen Kirche und Der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Finnland« in Järvenpää, Finnland.

 

1994: Økumenische Reisen in Polen und Rusland.

 

1998: Økumenische Reise in der Tschechei, der Slowakei und Polen.

 

1999: Økumenische Reise in der Tschechei und der Lausitz (erster Kontakt mit den »wenden« (Sorben)).

 

2001: Eine Delegation aus der Lausitz besucht uns im Kreis Storstrøm und in der Diözese Lolland-Falster: Domowina-Vorsitzender Jan Nuck, Nebelschütz-Bürgermester Thomas Zschornak und Journalist und Musiker Martin Wetzlich.

 

2002: Teilnahme am »1. Krabatfest anlässlich des XI. Internationalen Gemeindefestes in Nebelschütz vom 12.07 bis 14.07 2002 zum Thema "Auf den Spuren des Krabat"«.

 

2002: Vor und nach »Nebelschütz«: Reise in Polen mit Studien der Geschichte der »polnischen Lausitzer« (polscy (wschodni) serbołużyczanie) in der westpolnischen Stadt Żary.

 

2003: In den Ruhestand. - Weiteres unten.

 

2005: Reise in Polen. - Gdańsk. Die Lutheraner in Sopot. Das Solidarność-Jubiläum. Die Województwo-Verwaltung, mit Grüβe von „Kreis Storstrøm“ (Storstrøms Amt). - Lębork (Baltic Sea Solutions). - Kaschubien. Grundtvig’sche Volkshochschule (Kaszubski Uniwersytet Ludowy).

 

2006: Reise in Polen. - Poznań. - Ostrów Lednicki. Die Lutheraner in Żagań. - Und weiter durch die Lausitz nach Halle (nächster Punkt).

 

2006: Teilnahme (als Gast) am “9. Internationale Hamannkolloquium“ in Halle.

 

2008: Reise in Polen und Deutschland. - In Polen: Poznań, Kielce, Kraków, Wadowice, Racibórz, die Lutheraner in Czerwionka. - In Deutschland: Teilnahme am Internationalen Gemeindefest in Nebelschütz (vgl. 1999 und 2002).

 

*

 

2003: »Die Pension als Arbeitsstipendium«. Oder: Ein neues Leben als »freischaffender Pastor, Theologe und Kulturarbeiter«.

 

Im formalen Sinne bin ich seit 01.07.03 im Ruhestand, in der Tat aber, wie ich oben geschrieben habe, »freischaffender Pastor, Theologe und Kulturarbeiter«. Mein Hauptprojekt, um dessen Willen ich meinen Dienst als Gemeinde-Pfarrer verlassen habe, trägt den Arbeitstitel »Poetisches Lebensgefühl und literarische Poesie im christlich notwendigen Lebensengagement«. Dies wird meine Haupttätigkeit sein. Man kann sagen, dass ich hier nicht nur Theologie treibe, sondern mich jetzt auch wieder mit meinem alten Magister-Hauptfach beschäftige: »Dänisch« (das heißt »dänische Sprache und Litteratur«). Ich werde mich aber auch mit meinem alten Nebenfach beschäftigen: Russisch – was jezt »Slawistik« bedeutet - und hier werde ich mich in der Zukunft auf Polen/Polnisch und die ”Wenden”/Sorabistik konzentrieren.

 

 

Version Juli 2008

 

 

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KIRCHE UND TEOLOGIE 1 - PREDIGTEN UND ANDERE GOTTESDIENSTLICHE TEXTE

 

 

 

»Ansprache« nach der Heiligen Messe am Sonntag des Internationalen Gemeindefestes in Nebelschütz (Kreis Kamenz) in der Lausitz (Bundesland Sachsen) 11.07.10

 

 

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

 

Auch dieses Jahr danke ich allen dafür, das wir - jetzt zum vierten Mal - mit Euch beim Feiern der Heiligen Messe beisammen sein können.

 

Wir freuen uns darüber, dass Katholiken und Lutheraner heute so gute Beziehungen zueinander haben. Und wir freuen uns ganz besonders darüber, dass wir seit dem Jahre 1999 uns als gute Freunde der katholischen Gemeinde hier in Nebelschütz betrachten können. Dieses Verhältnis ist der schönste Teil unseres ökumenischen Engagements.

 

Wir wissen alle, dass wir noch nicht die volle Einheit haben. Es ist aber schön, das wir so weit gekommen sind. Und wir müssen Geduld haben. Und Liebe. Und Glauben, Glauben an den Herrn der Kirche, und Glauben an den Heiligen Geist, den Geist der Liebe und Wahrheit, der als Gottes Gegenwart und Kraft uns auf dem Wege zum Ziel der vollen Einheit führen wird.

 

Und in diesem guten Zusammenhang habe ich auch heute einen Gruss an Euch von der evangelisch-lutherischen Kirche in Dänemark, Der Dänischen Volkskirche. Und diesmal ist es ein ganz persönlicher Gruss! Und ich sage: Nehmet es mir nicht übel! Denn ich werde heute eine Kirchenlied-Strophe vorlesen, die ich selbst geschrieben habe!

 

Im Januar bin ich zu Facebook gekommen! Warum ist eine längere Geschichte, die ich hier nicht erzählen kann. Ich bekam aber sofort die Idee, jeden Tag ein kleines Gedicht auf meine Wand zu setzten, ein „Gedicht des Tages“. Und als es Sonntag wurde, musste es natürlich eine Kirchenlied-Strophe sein! Oder zwei kleine. Ich schrieb zwei kleine (vierzeilige) Strophen über das Evangelium zum Sonntag Sexagesima, den wir bei uns noch haben. Und seitdem schreibe ich für jeden Sonntag oder Feiertag eine solche Strophe (oder zwei kleine).

 

Ich habe auch im voraus Strophen für die Sonntage während unserer Ferien geschrieben, das heisst auch für heute. Bei uns ist es heute der sechste Sonntag nach Trinitatis im zweiten Jahreskreis. Und das Evangelium ist Matthäus 19,16-26 - vom reichen jungen Mann, der mit der Frage zu Jesus kam: ”Was muss ich Gutes tun, um das ewige Leben zu bekommen?”. Und der behauptete, dass er sich an allen Geboten Gottes gehalten habe. Und der traurig wegging, als Jesus ihm gesagt hatte: "Wenn du vollkommen sein willst, dann verkauf, was du hast, und gib das Geld den Armen”. Denn er war sehr reich.

 

Über dieses Evangelium habe ich eine Strophe geschrieben [steht jetzt unten]. Und es ist mir gelungen, sie zu verdeutschen:

 

Er war schon frech, der junge Mann,

der nach dem Leben fragte,

man so es selbst nicht nehmen kann.

Und als ihm Jesus sagte:

Nimm all dein Gut, und es verkauf!”

dann gab der Reiche traurig auf,

in sein Geldherz Getroffen.

 

Man kann sagen, was man will. Dies ist eine Strophe über das Evangelium, das heute in Der Dänischen Volkskirche gelesen wird - und damit ein Gruss von dieser Kirke an Euch. Und es ist unter allen Umständen ein Beispiel davon, wie man bei uns heute versuchen kann, Kirchenlieder zu schreiben.

 

Ich habe aber auch einen anderen persönlichen Gruss an Euch, nämlich von dem Bassisten des Neobop Jazzquintettes „The Strangers“, das um 1960(!) auf unseren Inseln an der Ostsee, Lolland und Falster, spielte, und in dem ich der Pianist war. Er heisst Søren Sørensen und ist heute sozusagen vollbeschäftigter Schriftsteller. Er schreibt allerlei Literatur (hat auch auf Deutsch publiziert!) und spielt eine wigtige Rolle im literarischen Organisationsleben. Er hat auch einige Gedichtsammlungen geschrieben, in denen es sowohl mehrere christliche Gedichte als auch Kirchenlieder gibt. Er hat sich aber auch sehr mit den anderen nordischen Ländern, und ganz besonders Schweden und Finland, beschäftigt, und darunter mit den verschiedenen Minoritäten innerhalb und ausserhalb unserer Länder. (Er hat die vom Nordischen Rate heraugegebene Geschichte Nordens geschrieben). Wir sind durch alle Jahre gelegentlich miteinander in Verbindung gewesen, aber besonders in den letzten Jahren - anlässlich des 50-jährigen Jubiläums unseres Quintettes. Und als ich ihm in einer E-Mail von unserer Teilnahme am Internationalen Gemeindefest hier in Nebelschütz erzählt hatte, schrieb er zurück: „Grüss die Sorben von einem Freund der sprachlichen Minoritäten“!

 

Was aber Die Dänische Volkskirche als solche betrifft, ist die Epistel - oder zweite Lesung - für heute bei uns aus dem Römerbrief, Kapitel 3, Vers 23-28 - von der Gerechtigkeit durch den Glauben an Jesus Christus. Und ich will, so gut ich kann, diesen Gruss von Der Dänischen Volkskirche in einen Widerhall auf Sorbisch der beiden ersten Versen dieser Epistel münden lassen:

 

Wšitcy su dźě zhrěšili a nimaja chwały před Bohom. Darmo su wosprawnjeni z jeho miłosće, wukupjeni přez Chrysta Jězusa (Röm. 3,23-24).

 

Miłosć našeho Knjeza Jězusa budź z nami wšěmi! (Vgl. Röm. 16,20).

 

 

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Der dänische Original der oben zitierten Strophe:

 

Det var forkert fra starten af

om evigt liv at spørge,

som om man selv det kunne ta

ved gode ting at gøre.

Og da han turer mere frem,

får Jesus ham sendt pinligt hjem

ramt i sit pengehjerte.

 

19.05.10

 

-  -  -

 

Mein Teil des Gebets der Gläubigen

 

Wir beten für unsere Völker und Kirchen. Führe uns weiter auf dem Wege der Versöhnung und des gemeinsamen Glaubens. Darum bitten Wir.

 

Ich habe diesen kleinen Text unter anderen Manuskripten gefunden und glaube. Ich glaube, er wurde in 2010 gebeten.

 

 

 

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»Ansprache« nach der Heiligen Messe am Sonntag des XVI. Internationalen Gemeindefestes in Nebelschütz (Kreis Kamenz) in der Lausitz (Bundesland Sachsen) 13.07.08

 

 

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

 

Ich danke dem Herrn Pfarrer Jakubasch und Euch allen dafür, dass wir, meine Frau Anna und ich, heute wieder - zum drittenmal - mit Euch beim Feiern der Heiligen Messe beisammen sein können.

 

Das letzte Mal war 2002, und darum muss ich vielleicht wiederholen, dass ich Pfarrer in der evangelisch-lutherischen Dänischen Volkskirche bin, in der Diözese Lolland-Falster, auf den beiden Inseln Lolland und Falster, an der Ostsee. Ich bin zwar jetzt im Ruhestand, bin aber noch im Leben unserer Kirche sehr aktiv, und arbeite weiter mit Forschung und Schreiben. Und mit der Slavistik, heute vor allem mit Polnisch - und Sorbisch!

 

Mein Interesse für Euch und Eure Sprache stammt davon, dass die Wenden(!) im Mittelalter auf unsern Inseln nicht nur Räuberzüge machten, sondern sich hier auch niederließen. Heute noch gibt es bei uns Dörfer mit wendischen Namen, unter ihnen das Dorf und die Kirchengemeinde Tillitse, wo die Delegation hier von der Lausitz in 2001 am Gottesdienst teilnahmen.

 

Das Mittfeiern der Heiligen Messe hier bei Euch, gehört zu den schönsten ökumenischen Erfahrungen, die Anna und ich gehabt haben.

 

Mein Beitrag zu unserer Gottesdienstgemeinschaft heute wird auch diesmal ein paar Verse aus unserem Kirchenliederbuch.

 

Es ist ein merkwürdiger Zufall, dass wir hier bei Euch immer den 15. Sonntag im ersten Jahreskreis feiern: 1999, 2002 und 2008! Und ich könnte noch einmal das schöne Lied meines Lehrvaters Grundtvig über das Evangelium vom Sämann zitieren. Das brauche ich aber nicht. Denn wir haben in 2003 eine neue Ausgabe unseres Kirchenliederbuches „Den Danske Salmebog“ bekommen, mit mehreren neuen Liedern von unserer Zeit, unter ihnen auch einem neuen Lied über dieses Evangelium. Es ist im Jahre 1975 geschrieben - vom Pfarrer Johannes Johansen, der später Bischof wurde. Und ein paar Strophen aus diesem Lied werde ich Euch jetzt präsentieren - als einen ganz frischen Gruß aus Dänemark und von der Dänischen evangelisch-lutherischen Volkskirche.

 

Das Lied ist ganz bewusst als ein modernes Gegenstück zu Grundtvigs Lied aus 1837 geschrieben, und est ist natürlich schwierig zu wiedergeben, wie Johannes Johannsen weitergeht, in einer noch mehr ungezwungener Weise und mit mehreren freien poetischen Zusätzen, ich werde aber versuchen Euch einen Eindruck zu geben - durch meine eigene ungereimte Übersetzung der ersten, zweiten, achten und neunten (vorletzten) Strophe des Liedes:

 

Ein Bauersmann geht aus zu sä’n,

sein’ Augen sind zwei frohe Sterne,

und sät er aufs Geratewohl

millionenweise gelbe Kerne.

 

Für einen Bauer leichtsinnig,

sein Acker nicht nur feiner Humus,

Unkraut und Stein gibt’s überall,

sein Sack mit Saat ist ganz durchlöchert

 

[...]

 

Dem Herrn des Wachstums trägt es Frücht’,

wo ganz unmöglich uns scheint alles,

für Ihn das Herz wird gut und schön,

obwohl es taugt zu nichts im Grunde.

 

Lobsing’t dem Schöpfer, der fährt fort

und sät, Vernunft und Zeit entgegen,

das Wort, das selbst weiss Stell’ und Zeit,

und trotzt der Menschen taubem Wissen.

 

[Den Danske Salmebog 154,1-2.8-9]

 

 

Zuallerletzt will ich versuchen, auf Sorbisch zu sagen - serbsce prajić:

 

Poswjećmy swoje duše prawdźe a njetajenej bratrowskej lubosći, lubujmy so nuternje mjez sobu. Smy dźě znowa spłodźeni nic ze zachodneho, ale njezachodneho symjenja a to přez słowo Bože, kotrež je a wostawa žiwe! - (1 Pětr 1,22-23).

 

[NUR HIER AUF DIESER SEITE: Dies ist die sorbische Übersetzung von 1 Peter 1:22-23 mit ein paar Änderungen. Kann auf Deutsch vielleicht so wiedergegeben werden: Lasst uns unsere Seelen der Wahrheit und der ungeheuchelten Bruderliebe weihen und einander anhaltend von Herzen lieben. Denn wir sind wiedergeboren nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen durch das lebendige und bleibende Wort Gottes].

 

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DER GANZE DÄNISCHE TEXT DES NEUEN KIRCHENLIEDES ÜBER DAS EVANGELIUM VOM SÄMANN  (nur hier auf der Internetseite):

 

Den Danske Salmebog nr. 154

Mel.: Seth Calvisius 1594

 

1

En bondemand går ud at så,
hans øjne er to glade stjerner,
og han strør ud på må og få
en million af gule kerner.

 

2

Blandt bønder en letsindig en,
hans mark er ikke fin og muldet,
men overså't med skrub og sten,
hans sædekurv er gennemhullet.

 

3

Hans sind er fuldt af tusindfryd
som ageren af mælkebøtter,
han drømmer om titusind spyd
af spirer, hvor han foden flytter.

 

4

Han går i forårsvindens spor,
hans hånd er ødsel, overdådig,
hans kerner flyr mod syd og nord,
og himlens fuglehær er grådig.

 

5

En vrimmel er hans sædekorn
som havets dråber, himlens stjerner;
i grøft, på vej, blandt bukketorn
dér regner det med gyldne kerner.

 

6

Hans hånd er stadig lige fuld,
og han blir ved til aften silde;
i tjørnekrat og tyndt lag muld
dér går den meste sæd til spilde.

 

7

Han leder ej om frugtbar jord,
det spirer grønt, hvor han har gået,
en ødemark blir på hans ord
til hundredfold, hvor knap er sået.

 

8

For vækstens herre vokser frugt,
hvor alt må synes helt umuligt,
for ham blir hjertet godt og smukt,
skønt det i grunden er udu'ligt.

 

9

Lovsyng den skaber, der blir ved
at så trods alle tegn i tiden
det ord, som selv véd tid og sted
og trodser al vor golde viden.

 

10

Lovsyng den ødsle sædemand
om kap med vårens glade lærker,
han gør alverdens vide land
til sine grønne enemærker.

 

Luk 8,4-8

 

Johannes Johansen 1975

 

 

 

*  *  *

 

 

 

»Ansprache« nach der Heiligen Messe am Sonntag des XI Internationalen Gemeindefestes in Nebelschütz (Kreis Kamenz) in der Lausitz (Bundesland Sachsen) 14.07.02

 

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Ich danke dem Herrn Pfarrer Bresan und Euch allen dafür, dass wir, meine Frau Anna und ich, heute wieder - zum zweitenmal - mit Euch beim Feiern der Heiligen Messe beisammen sein können.

Wie einige von Euch schon wissen, bin ich Pfarrer in der evangelisch-lutherischen Kirche Dänemarks, der Dänischen Volkskirche, in der Diözese Lolland-Falster, auf den beiden südlichen Inseln Dänemarks, Lolland und Falster.

Das sind die Inseln, wo die Wenden (!) im Mittelalter nicht nur Räuberzüge machten, sondern sich auch niederließen.

Heute noch gibt es bei uns Dörfer mit wendischen Namen, unter ihnen das Dorf und die Kirchengemeinde Tillitse, wo die Delegation hier von der Lausitz im Mai voriges Jahres am Gottesdienst teilnahmen, Domowina-Vorsitzender Jan Nuk, Bürgermeister Tomaš Čornak und Journalist und Musiker Měrcin Weclich. Pfarrer Michał Brězan war auch eingeladen worden, konnte aber leider nicht teilnehmen, weil er in China war!

Die kleine »wendische« Delegation besuchte mehrere Institutionen unseres Kreises Storstrøm, unter anderen Vertreter der heutigen slawischen Minderheit bei uns im Polnischen Verein in der Stadt Maribo. Auf Polnisch heißt dieser Verein Związek Polaków w Danii.

Beim Gottesdienst in der Gemeindekirche in Tillitse gab uns Vorsitzender Jan Nuk einen sehr schönen Gruß von Eurer Kirche, und ich möchte heute Euch einen Gruß von der dänischen Kirche geben.

Und ich werde noch einmal diesen Gruß mit einer Strophe aus einem Kirchenlied vom größten dänischen Kirchenliederdichter, meinem großen Lehrvater Grundtvig, geben.

Vor drei Jahren war es mit der Strophe des Liedes, das Grundtvig, über das Evangelium vom Sämann, 1837 geschrieben hat, und das auch ökumenisch verstanden werden kann. Ich hatte es etwa so - ganz primitiv und ohne Reimen - übersetzt:

 

Mit Gradunterschied in Herrlichkeit

im Vaterhaus sind viele Säle,

doch Fried’ und Leben überall

und ewig-süss’ Gesang und Freude. * )

Heute habe ich eine Strophe aus einem anderen Lied von Grundtvig gefunden, die auch auf das heutige Evangelium hindeutet. Sie ist aus einem Lied, das Grundtvig in 1853 geschrieben hat, und das - mit Lukas 17,21 als Ausgangspunkt - vom Reiche Gottes handelt: Gottes Reich in uns’rer Mitte (könnte man die erste Linie übersetzen). - Viele dänische Kirchenlieder, besonders von Grundtvig, sind ins Deutsche übersetzt worden, aber eben die beiden, die wir hier hören, leider nicht; ich muss also selbst versuchen, einen Eindruck zu geben.

In der sechsten und siebenten Strophe schreibt Grundtvig, dass wenn die Himmel-Freude des Herrn mit der Stimme des Geistes ausgerufen wird, dann ist diese Freude wirklich hier bei uns, dann durchströmt sie uns mit Lust, und dann wird das Reich Gottes Tag für Tag bei uns aufblühen und Frucht bringen, zum Wohlgefallen Gottes,

 

Denn bei uns den guten Boden:

Glauben, Hoffnung, Liebe - Gott

selbst schützen wird und jäten

für ein’ himmlisch’ Fruchtbarkeit. * * )

Auch diese Strophe kann heute ökumenisch verstanden werden - als ein Wunsch von der lutherischen Kirche in Dänemark für sowohl Euch hier in dieser katholischen Gemeinde, als auch für die evangelischen Sorben hier in der Lausitz - und für uns alle.

 

Und zuallerletzt will ich versuchen, auf Sorbisch zu sagen - serbsce prajić:

Bóh nadźije pak napjelń was ze wšej radosću a z pokojom we wěrje, zo byšće z mocu Ducha Swjateho zbohatli w nadźiji!  * * *)

Amen!

 

_________________________________________________________________________________________________________________________________________

 

 

( *

Med grads-forskel i herlighed

vor Faders hus har sale mange,

men overalt er liv og fred

og evigsøde frydesange.

(DDS 134,11)

 

 

( * *

6  Og når Herrens himmel-glæde

råbes ud med ånderøst,

virkelig den er til stede,

gennemstrømmer os med lyst.

 

7  Blomstre op da skal Guds rige

midt iblandt os dag fra dag,

bære Åndens frugt tillige,

Fader vor til velbehag.

 

8  Thi den gode jord hernede:

tro og håb og kærlighed,

rense vil Gud selv og frede

til en himmelsk frugtbarhed.

(DDS 278,6-7)

 

 

( * * *

Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und mit allem Frieden im Glauben, damit ihr reich werdet an Hoffnung in der Kraft des Heiligen Geistes! (Röm 15,13).

 

 

 

*  *  *

 

 

 

»Ansprache« nach der Heiligen Messe am Sonntag des VIII. Internationalen Gemeindefestes in Nebelschütz (Kreis Kamenz) in der Lausitz (Bundesland Sachsen) 11.07.99

 

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

 

Ich danke dem Herrn Pfarrer Bresan und Euch allen dafür, dass wir heute mit Euch beisammen sein können.

 

Ich bin Pfarrer in der evangelisch-lutherischen Kirche Dänemarks. Der Dänischen Volkskirche - in der Diözese Lolland-Falster.

 

Lolland und Falster, das sind die beiden südlichen Inseln Dänemarks, wo die Wenden(!) im mittelalter nicht nur Räuberzüge machten, sondern sich auch niederlieβen. Heute noch gibt es bei uns Dörfer mit wendischen Namen: Tillitse, Kramnitse, Korselitse. Und „Vindeby“ bedeutet „Wendendorf“.

 

Darum ist es mir eine Groβe Freude Euch einen brüderlichen Gruβ aus unserer Diöcese zu geben. Ich hoffe, dass wir in der Zukunft eine neue, friedliche und fruchtbare, Gemeinschaft entwickeln können.

 

Die gröβte kirchliche Persönlichkeit in der Geschichte Dänemarks ist Nikolaj Frederik Severin Grundtvig. Ich habe für meine Dissertationen über ihn mein Doktorat bekommen. Er hat ein drittel der Lieder in unserem Kirchengesangbuch geschrieben. Auch über das Evangelium, das wir heute gehört haben, hat er ein Lied geschrieben, über das Gleichnis von dem Sämann - ich versuche es auf sorbisch zu sagen: Přirunanje wo syjerju.

 

Die letzte Strophe lautet auf Dänisch:

 

Med grads-forskel i herlighed

vor Faders hus har sale mange,

men overalt er liv og fred

og evigsøde frydesange.

 

[Den Danske Salmebog 134,11]

 

Dies ist auch eine gute Strophe in unserem ökumenischen Zusammenhang:

 

Mit Gradunterschied in Herrlichkeit

im Vaterhaus sind viele Säle,

doch überall ist Leben und Frieden

und ewig-süβer Freuden-Gesang.

 

Dies war ein Gruβ aus Dänemark. Gottes Frieden und Segen sei mit Euch allen!

 

[Der Leser bemerkt, dass die beiden letzen Verszeile nicht prosodisch übersetzt sind].

 

 

 

*  *  *

 

 

 

KIRCHE UND TEOLOGIE 2 - TEOLOGISCHE TEXTE UND TEXTE ÜBER GRUNDTVIG

 

 

ZWISCHEN KATHOLIZITÄT UND »LOW CHURCH« VOLKSKIRCHLICHKEIT

 

Das Verstehen von Kirche und Gottesdienst in der Grundtvig’sch-dänischen Tradition

Deutsch-dänisches Pfarrer-Seminar, Güstrow, Mecklenburg, 20 Februar 2002

 

(Ein Nachbartreffen Pfarrer der Landeskirche Mecklenburg und der Dänischen Evangelisch-Lutherischen Volkskirche in der Diözese Lolland-Falster)

 

 

Einleitung. Dänemark und Grundtvig

 

Zuallererst muss ich unterstreichen, dass der ganze Titel dieses Vortrags so lautet: »ZWISCHEN KATHOLIZITÄT UND »LOW CHURCH« Volkskirchlichkeit«. Hier liegt nämlich eine wichtige Pointe. Der Unterschied zwischen »Katholizität«, und was wir in Dänemark als etwas besonderes haben, ist nicht nur eine Frage des Begriffes »low church« im Sinne eines protestantischen Verstehens von Amt, Organisation und Gottesdienst - sondern auch eine Frage des Begriffes »Volkskirchlichkeit« im Sinne, dass das Christentum ein Wichtiger Teil der besonderen dänischen Identität ist, die Grundlage unserer Kultur, und im Sinne eines - wenigstens bisher - geringen Interesses für Ökumenie. Zum Beispiel sagen viele Dänen, dass die Katholiken »eine andere Religion« haben.

 

Und noch ein Kommentar zum Titel: Ein deutsch-dänischer Professor hat gesagt, dass man bei Ihnen die englische Bezeichnung »low church« verstehen werde, und dass es auf Deutsch keine Entsprechende Bezeichnung gebe. Auf Dänisch sagen wir »lavkirkelig«, also, ins deutsche direkt übersetzt etwa »niedrigkirchlich« (nieder- ?) - mit dem Substantiv »lavkirkelighed«, »Niedrigkirchlichkeit« (nieder- ?).

 

Aber jetzt zur eigentlichen Einleitung!

 

Für Ausländer muss es sehr merkwürdig sein, zu hören, wie wir Dänen - oder jedenfalls viele von uns - immer wieder von diesem »Grundtvig« sprechen. Man könnte glauben, dass wir ihn so etwa wie als den Erfinder Dänemarks betrachten!

 

So einfach ist es aber nicht. Grundtvig war eine Persönlichkeit von prophetischem Charakter und Format. Für uns Dänen kann er nur mit Martin Luther verglichen werden. Und zwar in keinerlei Konkurrenz. Sowohl Grundtvig selbst als auch seine Anhänger und Jünger damals und heute sehen ihn als auf den Schultern Luthers stehend. Für uns ist Grundtvig der Nachfolger und Weiterführer Luthers. (Ein paar Beispiele von Grundtvig selbst: In einem seiner größten Gedichte hat er sich als das »Lutherlein« bezeichnet, und in 1831 schrieb er ein Buch mit dem Titel »Soll die lutherische Reformation wirklich fortgesetzt werden?«. Ich wiederhohle, dass nicht alle Dänen Anhänger oder Schüler Grundtvigs waren oder sind. Aber es gab und gibt viele von uns, und der Einfluss Grundtvigs in Dänemark ist weit über die Zahl seiner bewussten Anhänger und Schüler verbreitet. Fast alles in Dänemark - und besonders in der dänischen Kirche - wäre ohne Grundtvig ganz anders gewesen. Auf die Frage: »Wie wären die Dänen ohne Grundtvig gewesen« - ist die Antwort gegeben worden: »So eine Art Schweden!«.

 

Aber trotzdem ist Grundtvig nicht wie vom Himmel gefallen - als der Erfinder Dänemarks! Man bemerke die Antwort »Wie eine Art Schweden«! Also »so eine Art«. Nicht genau wie die Schweden. Aber ein nordisches Volk, den Schweden weit mehr ähnlich, als es heute der Fall ist.

 

Schon vor der Geburt Grundtvigs waren die Dänen anders als die Schweden - und als die Norweger und Engländer und Deutschen. Und in diesem Volk wurde Grundtvig geboren. Seine erste Kindheit hat er auf Süd-Seeland gehabt (im nördlichen Teil des heutigen Kreises »Storstrøm«, dessen südlicher Teil unsere Diözese Lolland-Falster ist). Und neun Jahre alt kam er zu Jütland in eine Art Privat-Schule. Er ging auch in Jütland (Århus) in die Lateinschule. Eine ganz besondere Bedeutung für ihn in der frühen Kindheit hat das Kindermädchen Magdalene gehabt, auf deren Schoß in der Küche des Pfarrhofes zu Udby er sowohl die alten Volkslieder, Märchen, Sagen usw. als auch die alten Kirchenlieder gehört hat, vor allem die von dem zweitgrößten Kirchenliederdichter Dänemarks Thomas Kingo. Und schon in seiner Kindheit hat er auch von der Vergangenheit Dänemarks selbst gelesen.

 

Dänemark ist aber nicht die Erfindung Grundtvigs. Grundtvig ist der große Sohn Dänemarks, der mit seiner kolossalen und vielseitigen Persönlichkeit diesen enormen Einfluss in fast allen Bereichen des Menschenlebens in Dänemark gehabt hat.

 

Und es ist nicht nur eine Frage der Größe Grundtvigs selbst. Seine Bedeutung besteht auch darin, dass wir uns überhaupt mit ihm identifizieren können. Ja, man kann sagen, dass seit der Zeit Grundtvigs und bis heute hat es eine stetige Wechselwirkung gegeben, zwischen Dänemark und Grundtvig, zwischen Grundtvig und Dänemark - und zwischen dem »Grundtvig’schen« und dem Dänischen!

 

Aber jetzt genug davon. Ich hoffe, dass Sie etwas von diesem verstehen. Wenigstens, dass wenn wir Dänen »Grundtvig« sagen, sprechen wir nicht nur von einer - zwar sehr großen - einzelnen Persönlichkeit, sondern von einem Symbol des Dänischen und von einer ganzen Dimension in unserer Geschichte, Kultur und Mentalität.

 

Und mit dazu gehört natürlich die besondere Geschichte und die besonderen Umstände Dänemarks, dieses kleinen Landes an der Einfahrt zur Ostsee, zwischen Skandinavien und dem Kontinent (mit England als Nachbarn hinter der Nordsee), das 1814/15 das »Zwillings-Land« seit 1380, Norwegen, verlor, und in 1864 ganz Schleswig-Holstein mit den vielen dänischen Schleswigern. 1864 war eine Katastrophe für Dänemark die den Untergang der Nation hätte bedeuten können.

 

Nur mit einem gewissen Verstehen von diesem wird man diesen Vortrag verstehen können. Und die Besonderheiten der Dänen überhaupt, z. B. im Verhältnis zu der Europäischen Union und der Ökumenie. Auch das ganz aktuelle Thema: die »Fremdenfeindlichkeit« der Dänen muss in diesem Zusammenhang verstanden werden. Wir betrachten uns selbst als nicht nur ein Volk, sondern einen Stamm, ganz einzigartig und einzigartig homogen, aber dessen Existenz und Identität gedroht ist. Und zur Zeiten Grundtvigs kam die Bedrohung von Süden, in erster Reihe - verzeihen Sie mir! - von Deutschland und von der deutschen Kultur, aber grundsätzlich von der »römischen«, lateinischen unnatürlichen Kultur - im Gegensatz zu der griechischen und nordischen. Diese Bedrohung - und der Kampf dagegen - spielte eine fundamentale und tief eingreifende Rolle für Grundtvig - und heute noch auch für viele Dänen. Hier muss ich aber unterstreichen, dass eben Martin Luther in diesem Zusammenhang für Grundtvig einer der guten Deutschen war. Grundtvig ist natürlich voll von Anerkennung davon, was Martin Luthers reformatorischer Einsatz in der Kirche bedeutet hat. Was er ihm vorwirft, ist, dass er den Aufruhr gegen das Römische im kulturellen und wissenschaftlichen Bereich nicht durchgeführt hat. - Usw. Usw. - Ich muss auch unterstreichen, dass sowohl Grundtvig als auch alle anderen Dänen bis heute vieles und viel Gutes von Deutschland und durch Deutschland bekommen haben. Man kann geradezu sagen, dass die deutsche Bedrohung für Dänemark eben so groß war, weil wir einander so ähnlich sind!

 

 

Etwas von meinem persönlichen Hintergrund und Standpunkt

 

Hier muss ich auch ganz kurz etwas von meinem persönlichen Hintergrund und Standpunkt sagen.

 

Während meines Wehrpflichtdienstes Anfang der 60ger Jahren wurde ich als sogenannter Sprachoffizier mit Russisch ausgebildet. Später wurde ich Magister in Dänisch und Russisch - und war drei Jahre Lehrer im Gymnasium, bevor ich mit einer ergänzenden theologischen Ausbildung 1971 Pfarrer in der Dänischen Volkskirche wurde. Ich habe zwei Dissertationen von Grundtvig geschrieben - und herausgegeben - und habe dafür den theologischen Lizentiatgrad und Doktorgrad bekommen. Seit der Wende habe ich eine umfassende ökumenische und internationale kulturelle Arbeit in den west- und ostslawischen Ländern gemacht - und in diesem Zusammenhang weitere slawische Studien gemacht, besonders in Polnisch, habe mich aber auch ein wenig mit Ukrainisch, Tschechisch, Slowakisch - und sorbisch (wendisch!)[i] beschäftigt.

 

Ich bin ein guter Däne, ein guter, d. h. überzeugter und loyaler, evangelischer Christ, Pfarrer und Theologe - aber eben als solcher auch ein guter Europäer und ökumenischer Christ. Ich habe ein gutes Verhältnis zu den Brüdern und Schwestern sowohl in der orthodoxen als auch in der römisch-katholischen Kirche. Ich bin ein Schüler Grundtvigs und bin aktiver Mitglied der Grundtvig’schen Bewegung (und ihrer Organisation»Kirkeligt Samfund« (»Kirchliche Gemeinschaft«)), bin aber mehr ökumenisch und international gesinnt als die meisten meiner Grundtvig’schen Freunde, und was das Verstehen des Gottesdienstes und der gottesdienstlichen Tradition betrifft, bin ich mehr »high church«, »hochkirchlich«, als die meisten von ihnen. Ich bin aber NICHT »hochkirchlich« im üblichen Sinne, habe nichts mit dem dänischen »hochkirchlichen« Flügel zu tun. Ich bin - wie einer meiner älteren Freunden und Vorbilder, der jetzt verstorbene Pfarrer meines westlichen Nachbarpastorats (der übrigens ein dänischer Schleswiger war!) es (von sich selbst) ausgedrückt hat - »evangelischer, »niederkirchlicher« Traditionalist«!

 

Und eben so soll der Titel dieses Vortrages verstanden werden. Trotz aller Unterschiede unterscheiden die Dänen in der Grundtvig’sch-dänischen Tradition sich von den üblichen »niederkirchlichen« in ihrem Verstehen der Sakramente, nicht nur des Abendmahls, sondern auch der Taufe, die bei uns ein »integrierter« Teil des Hauptgottesdienstes ist - in welchem das Abendmahl natürlich jeden Sonntag ein fester Teil ist. Und in der Grundtvig’schen Tradition und Auffassung spielt auch das Glaubensbekenntnis, das Apostolicum, eine entscheidende Rolle. Ich kann schon hier feststellen, dass unser Verstehen von dem Gottesdienst sich wirklich, tatsächlich zwischen »Katholizität« und »Niederkirchlichkeit« befindet. »Niederkirchlich« - aber mit großem, entscheidendem Gewicht auf den Sakramenten und dem Bekenntnis. Durch die »ökumenischen« Kirchenlieder Grundtvigs auch mit einem fast ostkirchlichen Verstehen des Sonntags als des Tages des Herrn, des Tages der Auferstehung des Herrn.

 

 

»Stichwörter« von der gemeinsamen Geschichte Grundtvigs und Dänemarks und der dänischen Kirche

 

Um die Theologie und das Verhalten Grundtvigs und seine »Wirkungsgeschichte« zu verstehen, müssen wir die folgenden Punkte in Acht nehmen:

 

 

1. Um 1800.

Nikolaj Frederik Severin Grundtvig wurde am 8. September 1783 in Udby auf Südseeland geboren, das heißt im »Amt« (Kreis), dem auch unsere Inseln Lolland und Falster gehören, »Storstrøms Amt«. Grundtvigs Vater, Johan Grundtvig, war dort Pfarrer.

 

1803 schloss Grundtvig sein Studium der Theologie ab. Er starb am 2. September 1872.

 

Die dänische Kirche

Dänemark war - wenigstens im Prinzip! - ein evangelisch-lutherisches christliches Land. Es war noch die Zeit des Absolutismus. Man konnte kaum von der dänischen »Kirche« sprechen. Der König war das absolute Oberhaupt sowohl des Staates als auch der Kirche, obwohl er natürlich kein Amt in der Kirche hatte. In diesem Sinne war »die Kirche« die Bischöfe und Pfarrer. Aber alle »gewöhnlichen« Dänen mussten evangelisch-lutherisch sein. Es war unmöglich »aus der evangelisch-lutherischen Kirche zu treten«. In 1831 hat eben Grundtvig es selbst versucht! Erst 1849 bekamen wir mit der demokratischen Verfassung die Religionsfreiheit - und die evangelisch-lutherische Volkskirche.

 

Die Wirklichkeit war jedoch nicht ganz so christlich und evangelisch-lutherisch. Und so war es natürlich in allen Ländern. Es war die Zeit des Rationalismus - und der »Aufklärung«. Und schon kam - aus Deutschland - eine noch größere Gefahr: die idealistische Philosophie, und ganz besonders die »Naturphilosophie« Schellings.

 

Grundtvig.

Am Anfang war Grundtvig ein Kind seiner Zeit. Wirklich! Und wenn er die Philosophie Schellings kennen lernte, wurde er stark und tief davon beeinflusst.

 

Er war aber auch der Sohn eines frommen lutherischen - und auch vom Pietismus beeinflussten - Pfarrers, und hatte selbst - obwohl fast ohne Glaube - das theologische Studium durchgeführt. Und er hatte ein gutes Kopf, konnte konsequent denken. Und hatte einen großen und starken »Drang nach Leben«.

 

Darum konnten die Romantik und die Naturphilosophie ihn nicht zufrieden stellen, genügten nicht, um ihn mit der Existenz zu versöhnen - oder um ihn aus der Existenz emporzuheben, und er fiel bald auf das Christentum zurück.

 

Zunächst suchte er jedoch eine literarische Karriere zu machen.

 

 

2. 1810.

Grundtvig muss »Hilfsgeistlicher« für seinen alten Vater werden, und - es ist eine komplizierte Geschichte - erlebt eine ernste Krise. Er erlebt eine tiefe Bekehrung. Und sieht sich jetzt in absolutem Gegensatz zu den in Kultur und Gesellschaft und Kirche herrschenden Ideen.

 

Die Jahre 1811 bis 1815 sind von scharfer Polemik geprägt.

 

 

3. 1815.

1815 ist ein entscheidendes Jahr. Auch für die Vaterlandsliebe und Poesie Grundtvigs. Grundtvig gibt die negative Polemik auf und versucht auf breiterer und zum Teils indirekter Weise eine ganze dänisch-christliche »Gesamtalternative« aufzubauen.

 

4. 1825.

Aber auch diese indirekte apologetische und kulturelle Strategie wird kein Erfolg. Im Jahre 1825 gibt es eine Zuspitzung der ganzen kirchlichen Situation. Z B. versucht man eine Bewegung von gläubigen Laien (»erbauliche Versammlungen«) zu unterdrücken.

 

Aber hier - im Sommer 1825 - machte Grundtvig, was er selbst später seine unvergleichliche Entdeckung nannte!

 

Seine apologetische Tätigkeit hatte ihn gezeigt, dass man mit apologetischen Diskussionen auf Grund der Bibel nichts erreichen konnte. Ein solcher Gebrauch der Bibel bedeutete nur Willkür und/oder die Herrschaft (»Papsttum«!) der Exegeten, der Professoren.

 

Und jetzt versteht er, dass:

 

Der christliche Glaube hängt gar nicht von gelehrten Bibelstudien ab. Wenn man auf dieser Grundlage hat behaupten wollen, dass Jesus nur »als ein vernünftiger Lehrer und tugendhafter Mann geglaubt werden will und will, dass man ihm nachfolge, dann würden die, die der Kenntnis und Einsicht ermangeln, verunsichert. Aber das brauchte nicht zu sein, denn [sagt er in seiner Predigt am 31. Juli 1825]] »wißt Ihr es noch nicht, dann hört mir gut zu«! An diesem Punkt habe er sich selbst geirrt, erzählt er, als er sich eingebildet habe, dass er, nachdem er den Glauben seiner Kindheit aufgegeben habe, sich von weither wieder nach Hause begeben habe. Denn er war bereits in der Kirche, als er erwachte. Es war der Segen der Taufe und des Abendmahls, der nun zur Geltung kam. »So antworte ich nun denen, die sagen, es sei abgöttisch und unchristlich, Jesum Christum mit dem Vater Gott zu nennen und ihn anzubeten: Ihr irrt Euch sonderbar, (denn) solange es Christen gegeben hat, solange hat es auch Leute gegeben, die im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft wurden«. - »Das Glaubens-Bekenntnis, das die Christen zu allen Zeiten abgelegt haben, dies und kein anderes ist das Glaubens-Bekenntnis der Christen« - ungeachtet aller Bücher und aller Behauptungen über das, was in der Bibel steht. - (N.F.S. Grundtvig. Tradition und Erneuerung (hiernach: TE), S. 246).

 

1825, das Jahr, der »unvergleichlichen Entdeckung war ein neuer Anfang, der für den Rest seines Lebens entscheidende Bedeutung haben sollte. Es öffnete neue Perspektiven in mehrere Richtungen. Zunächst bedeutete es aber, dass Grundtvig in den großen »Kirchenkampf« bis 1832 geriet.

 

 

5. Der »Kirchenkampf« 1825-1832

Dieser »Kirchenkampf« - und besonders die Begebenheiten im Winter 1831/32 - ist eine komplizierte Geschichte, die auch von entscheidender Bedeutung für die Theologie und übrige Tätigkeit Grundtvigs war, nicht zuletzt für das ganze Denken, das die Grundlage, der weltberühmten dänischen Volkshochschule ist. In meiner beiden Dissertationen habe ich mich mit eben dieser neuen Theologie von »der christlichen Notwendigkeit des diesseitigen Lebensengagements« eingehend beschäftigt.[ii]

 

Hier in diesem Vortrag muss ich mich aber damit begnügen, festzustellen, dass Grundtvig im Jahre 1832 den »Kirchenkampf« aufgibt, den er nicht hatte gewinnen können. Meiner Meinung nach hat die Weise, auf der er das Problem löste, nicht nur die positive Wirkung gehabt, dass die evangelisch-lutherische Kirche in Dänemark nicht gespaltet worden ist, sondern auch die negative und gefährliche Wirkung gehabt, dass unsere Kirche bis heute von vielen als nur »ein Rahmen der Verkündigung des Evangeliums« verstanden worden ist. Grundtvig selbst nannte die dänische Staatskirche (ab 1849: Volkskirche) »eine Bürgerliche Einrichtung«. Aber warum? Weil die modernen Ketzer die Mehrheit waren, besonders unter den Pastoren. Weil Grundtvig hier im Jahre 1831 (wie alle anderen) dazu gezwungen war, in dieser Staatskirche zu bleiben. Und weil er ein sehr empfindliches, wundes Gewissen in dieser Hinsicht hatte - darum konnte er ganz einfach nicht diese Staatskirche der Ketzer die christliche Kirche Dänemarks nennen. Um des bürgerlichen Friedens und der kulturellen Gemeinschaft willen akzeptierte Grundtvig aber diese Situation - so lange die wahre Kirche der wirklich an Jesus Christus glaubenden in Freiheit, als ein »Gast« in dieser »bürgerlichen Einrichtung« bleiben konnte. - Aber dies ist alles sehr kompliziert.

 

Auf der einen Seite: Grundtvig selbst betrachtete nur eine kleine Minderheit seines geliebten dänischen Volkes als wirkliche, traditionelle, »orthodoxe« Christen.

 

Auf der anderen Seite sah er eine besondere und tiefe Verbindung zwischen dem dänischen Volke und dem Christentum.

 

Und dank dieser sehr merkwürdigen Anschauung Grundtvigs (der gegenüber ich persönlich ganz kritisch bin), ist die evangelisch-lutherische Kirche in Dänemark ungespaltet geblieben). Es gibt natürlich einen Unterschied zwischen auf der einen Seite den Mitgliedern der kirchlichen Bewegungen (die beiden größten sind »Die Innere Mission« und »Die [Grundtvig’sche] Kirchliche Gemeinschaft«) und überhaupt den fleißigen Kirchgängern - und auf der anderen Seite der großen Mehrzahl der Mitglieder, die nur selten zur Kirche gehen, z. B. den sogenannten »Vierradchristen«, die durch ihr ganzes Leben nur viermal zur Kirche kommen: bei der Taufe, bei der Konfirmation, bei der Hochzeit und bei dem Begräbnis. Viele Dänen gehen aber auch zur Kirche jeden Weihnachtsabend. - Die letzteren sind aber doch auf irgendeiner Weise »Rubellos-Christen«, fühlen sich als Mitglieder des dänischen »Stammes«, dessen Religion und Kulturgrundlage das Christentum ist! - »Rubellos-Christ« ist ein Ausdruck des Bischofs zu Roskilde, der sagt, dass die Dänen unter der Oberfläche doch Christen sind. Der einzelne Däne ist wie ein Rubbellos. Wenn man ihn abkratzt, kommt der Christ hervor. Und man hat jedes Mal einen Gewinn!

 

 

Kirchenpolitik und Kirchenverständnis von Grundtvig an bis heute

 

Aber dies ist alles sehr kompliziert. Wir verstehen es kaum selbst! Sind wenigstens nicht darüber einig, wie es verstanden werden soll. Und die Dänen mögen scharfe Distinktionen und Konsequenzen nicht. Ich will es so sagen, dass das allgemeine Gefühl im heutigen Dänemark und in der heutigen dänischen Kirche eine Art Erbe von der Situation zur Zeit des Absolutismus ist : Dänemark ist ein christliches Land, und die Kirche ist eine »Seite« der dänischen Gesellschaft. Oder: Wir Dänen sind ein »Stamm«, und die Volkskirche ist die »Stammesreligion« des dänischen Stammes!

 

Bis heute gibt es bei uns dieses ganz besondere Verhältnis: Eine Staatskirche, die jedoch nicht ganz eine Staatskirche ist, sondern eine »Volks-Kirche«. Seit 1849 hat es mehrere Versuche gegeben, den »Versprechens-Paragraphen« in unserem Grundgesetz zu »erfüllen« und uns eine besondere Verfassung für die Volkskirche zu geben. Bis jetzt sind alle Versuche aber gescheitert, weil man sich nicht einigen konnte, und weil die große Mehrheit fürchtet, dass eine Verfassung weniger Freiheit bedeuten wird.

 

Selbst gehöre ich, der kleinen - aber heute wachsenden - Minderheit von Anhängern einer Kirchenverfassung mit einem Zentralen »Landes-Kirchenrat« - oder sogar einer Trennung von Kirche und Staat. Die Anhänger des letzteren sind aber eine ganz kleine Minderheit. Meiner Meinung nach ist es aber nur eine Frage von Zeit. Es wird immer schwieriger, ohne ein Zentrales rein kirchliches Organ Entscheidungen in der Kirche zu treffen. Und die Einwanderung und die Menschenrechte werden auch zuletzt bedeuten, dass man die Sonderstellung der evangelisch-lutherischen christlichen Kirche aufgeben muss. Aber eben die Einwanderung bedeutet auf der anderen Seite, dass das »Stammesgefühl« wächst - und das Gefühl für die »Volkskirchlichkeit« (in aller Unbestimmtheit) als »Stammesreligion«, und für das Christentum als »Kulturgrundlage«. Viele Dänen können als »Kultur-Christen« bezeichnet werden.

 

Wir müssen also bedenken, dass der Hintergrund für die ganze heutige Situation das Dänemark des (milden und guten) Absolutismus bis 1849 ist . Und überhaupt Dänemark als evangelisch-lutherisches »christliches Land« seit der dänischen Reformation in 1536 und als christliches Land Seit der Annahme des Christentums vor dem Jahre 1000.

 

Das sehr homogene dänische Volk war Jahrhunderte hindurch in den Schulen mit Luthertum erzogen. Das Christentum der Dänen ist in einem sehr hohen Grade ein Christentum der Schule (Volksschule). Alle (älteren Leute) sprechen von den Kirchenliedern, die sie in der Schule gelernt haben.

 

Die jüngeren aber nicht. Seit den 1970er Jahren lernt man in der Volksschule nicht auf dieser Weise Christentum und Kirchenlieder. Hier kam die Säkularisierung (und der Einfluss der Linken). Aber trotzdem gibt es noch diese Stimmung, auch unter den Jüngeren.

 

Als Volkskirche-Pfarrer genießt man in fast allen Kreisen großes Vertrauen. Selbst habe ich dies sowohl in meinem gewöhnlichen Dienst in den Gemeinden als auch als Militärpfarrer erfahren. Es gibt unter den »ursprünglichen« Dänen sehr wenig militante Gegner des Christentums. Die 1970er Jahre waren die schlimmste Periode. Aber es war überwiegend ein »Trend«.

 

Das Christentum der Dänen ist also nicht sehr spezifisch »kirchlich«, entweder was die Teilnahme am Gottesdienst betrifft (obwohl unser Gottesdienst der beste der Welt ist, wenn man wirklich dem Altarbuch (der Agende) nach sowohl Buchstabe alt auch Geist folgt), oder was die ökumenische Dimension betrifft. - »Wir haben unseren Glauben«, sagt man. Oder: »Wir haben den Glauben der Volkskirche«. Sehr spezifisch ist das nicht. Aber so ist es. Nicht mehr, nicht weniger.

 

Was das Ökumenische betrifft, muss man auch bedenken, dass unsere Geschichte uns auf der harten Weise gelehrt hat, defensiv zu denken. Es gibt aber hier ein Paradox. Denn auf der anderen Seite sind wir ja eine alte Seefahrts- und Handelsnation. Wir sind offen für die Welt und verkehren sicher im Ausland. Und wir lieben, Humanitäre Hilfe zu leisten, und an internationalen Friedensoperationen teilzunehmen. Selbst diente ich Mitte der 1970er Jahre als Militärpfarrer auf Zypern, aber schon als junger wehrpflichtiger Leutnant habe ich ganz einfach gewusst, dass ich einst UNO-Dienst tun musste - um der Sache des Friedens willen.

 

Besonders in den Grundtvig’schen Kreisen (den auch ich gehöre - obwohl in gewissen Hinsichten als eine Art »Outsider«) hat es einen ganz großen Widerwillen gegen ökumenische Aktivität - besonders auf höherer, formaler Ebene - gegeben. Und überhaupt gegen »Aktivitäten« und »Aktivismus«. Wie Sie wissen, haben wir weder das »Porvoo-Dokument« (mit den Anglikanern und den lutherischen Kirchen in den nordischen und baltischen Ländern) noch die gemeinsame Erklärung von der Rechtfertigung unterzeichnet. Und wir sind - natürlich! - auch sehr skeptisch der Charta Oecumenica gegenüber. Meine Grundtvig’sche Gesinnungsgenossen und ich finden in diesem Dokument Spuren einer Unions-Ideologie und »humanistisch-katholischer Soße«!

 

Die Dänen wollen in totaler religiöser Freiheit leben. Niemand soll über sie bestimmen oder für sie, in ihrem Namen sprechen, entweder zu Hause oder im Ausland.

 

 

Das Verstehen vom Gottesdienst von Grundtvig an bis heute

 

Zur Zeit Grundtvigs war der dänische Gottesdienst liturgisch gesehen, wie bereits erwähnt, sehr vom Rationalismus geprägt.

 

Und soviel ich weiß, war Grundtvig nicht am Gottesdienst als Liturgischer Ganzheit oder Gesamtheit interessiert. Oder an der »Wiederbelebung« der Vorreformatorischen liturgischen Tradition. Das Interesse an diesen Dingen kam erst im 20. Jahrhundert. Wie gesagt gehöre ich sozusagen der Zweiten Generation dieser »Bewegung« an. Ich habe großes Interesse an sowohl der alten als auch der heutigen römischen Messe.[iii]

 

Nichts desto weniger war Grundtvig auf seiner weise ein gottesdienstlicher Traditionalist.

 

Wir haben von der unvergleichlichen Entdeckung Grundtvigs gehört, das heißt von der Entdeckung der »tatsächlichen« historischen Kirche (von der Kirche als einer »unvergleichlichen historischen Tatsache«).

 

Und die »Treffpunkte«, sozusagen, in dieser historischen »Tatsächlichkeit« sind die Sakramente, besonders die »Sakrament-Worte«, beim Abendmahl die Einsetzungsworte, und bei der Taufe natürlich auch ihre »Einsetzungsworte«, der Taufbefehl, aber ganz besonders das Glaubensbekenntnis (das Apostolicum mit der Entsagung) - als das Schließen des Bundes zwischen Gott und dem einzelnen Christen, und damit als die Bedingung des Eintretens in die Kirche.

 

»Es ist unleugbar ein Christentum auf Erden geboren, da ein solches nicht nur in der Geschichte hinter uns liegt, sondern ein solches auch lebendig vor uns steht, wo wir hören, wie der Glaube an Jesus Christus bekannt wird, und wo die Gnadenmittel in seinem Namen ausgeteilt werden«. Dort ist die einzig wahre Kirche, »in der niemand aufgenommen wird, durch die Taufe und das Abendmahl, ohne sich das sogenannte Apostolische Glaubensbekenntnis anzueignen«. - (TE 248).

 

Grundtvig legt auch großen Wert auf die sogenannten »christlichen Lebenszeichen« in Bekenntnis, Verkündigung und Lobgesang.

 

Grundtvigs Verstehen vom Gottesdienst ist also auf ganz einfacher Weise historisch und sakramental - man könnte sagen: »katholisch« mit direktem Rücksicht auf Christus selbst, der in »seinen Einsetzungen« gegenwärtig ist. »Nur am Bad [c: der Taufe] und am Tisch [c: des Abendmahls] hören wir Gottes Wort an uns gesagt«! - Oder prosodisch:

 

Nur am Bad und an dem Tisch

spricht sein Wort uns wirklich Gott.

 

Gottes Gegenwart in den Sakramentworten. Aber ohne irgendeinen Sakramentalismus!

 

Grundtvigs ökumenisches Potenzial und der traditionelle Widerwille der »Grundtvigianer« - ein Paradox!

 

Es ist leicht zu sehen, dass dieses einfache Verstehen der historischen Kirche und der Gegenwart Gottes in den Sakramenten - und damit im ganzen Gottesdienst - auch ein großes ökumenisches Potenzial in sich hat - obwohl dieses Potenzial bis jetzt nur wenig entfaltet worden ist.

 

Jedenfalls führten die Darlegungen Grundtvigs zu einem deutlichen ökumenischen Appell, der für die damalige Zeit einzigartig ist: Lasst uns, die wir noch Christen sein wollen, uns auf dem Felsen vereinigen, der den Stürmen der Zeit getrotzt hat, »lasst uns als Glaubensgemeinschaft als Kirche, uns auf de Krippe von Bethlehem beschränken ... uns af den Chor [c: wo der Altar steht und das Abendmahl uns gegeben wird (BC)] zurückziehen, einander, und alle im Herrn entschlafenen Christen, die Hand über der Taufe reichen, und den Mund über dem Altar, in dem einen Brot und dem einen Kelch«. - (TE 249).

 

Es ist aber nicht so sehr merkwürdig, dass das ökumenische Potenzial Grundtvigs auch heute noch nur wenig entfaltet ist. Man muss bedenken, dass Dänemark zur Zeit Grundtvigs von der einen Krise zu der anderen ging, und schon in 1814 von Untergang gedroht war - und sowohl in 1814 als auch in 1864 »amputiert« wurde (Norwegen und Schleswig-Holstein). Und dazu kam die kulturelle Bedrohung von Deutschland und Rom. Es ist eher ein Wunder, dass Grundtvig so historisch und ökumenisch dachte! Obwohl sowohl die weltgeschichtliche als auch kirchengeschichtliche Betrachtungen Grundtvigs ihr Ziel in Dänemark - und Grundtvig selbst! - hatte!

 

Ich unterstreiche aber noch einmal, dass heute das Verständnis für das Ökumenische bei uns immer größer wird, sowohl auf höchster Ebene als auch auf Gemeinde-Ebene. Seit 1990 haben wir ein ökumenisches oder - wie wir am liebsten sagen - »zwischenkirchliches« Element in der formalen[iv] Struktur der Volkskirche - mit einem zentralen zwischenkirchlichen Rat in Kopenhagen und zwischenkirchlichen Ausschüssen in allen Diözesen.

 

Für Grundtvig spielten die »Gemeindebriefe« in der Offenbarung des Johannes seit seiner Jugend eine große Rolle. Für ihn handelten sie vom Leben und von der Entwicklung der Kirche durch die sieben »Volksgemeinden«: die hebräische, die griechische, die lateinische, die englische, die deutsche, die nordische - und die siebente, vielleicht die indische!

 

Grundtvig hat ein großes kirchengeschichtliches Gedicht mit dem Titel »Die sieben Sterne der Christenheit« geschrieben.

 

Aber vor allem muss ich hier zuallerletzt etwas von dem »Lieder-Werk für die dänische Kirche« etwas sagen. (Erstes Heft 1836 - anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der Einführung der Reformation i Dänemark 1536!). In dieser Sammlung bringt Grundtvig Bearbeitungen der Psalmen Davids (und Texte der Propheten), griechischer und lateinischer Hymnen, von Liedern Luthers und seiner deutschen Nachfolger, von englischen Liedern und von dänischen Liedern von der Reformationszeit an bis zur Gegenwart Grundtvigs selbst. - (TE 189).

 

Ich will jedoch nur ein Beispiel geben, eine Bearbeitung von Elementen verschiedener griechischen - oder orthodoxen! - Hymnen. Diese Bearbeitung habe ich selbst ins russische übersetzt, und ich habe z. B. erlebt, wie die Augen eines russischen orthodoxen Priesters »auflichteten«, als ich ihm bei unserem ersten Treffen, in einem Hotelzimmer in Moskau, diese Übersetzung vorließ. Es war eines der größten Erlebnisse meines Lebens: Aus der alten griechischen Kirche durch Grundtvig nach Dänemark - und dann zurück in die Ostkirche - durch mich!

 

In der Ostkirche betont man sehr stark den Charakter jedes Sonntags als eines kleinen Osterns. Jeder Sonntag ist der Tag der Auferstehung des Herrn, besonders in den sogenannten Anastasima. Eben solche hat Grundtvig bearbeitet. - Übrigens heißt Sonntag auf russisch heute noch - trotz 70 Jahre Sowjetkommunismus - »Auferstehung«, »woskresenje«. Ich werde jetzt meinen Vortrag mit dem Vorlesen der deutschen Übersetzung dieses großartigen ökumenischen Hymnus beenden - aus der Sammlung »Kirchenlieder von N.F.S. Grundtvig. Auszug aus dem Gesangbuch der dänischen Volkskirche«:

 

Sonntag Morgen von den Toten

Jesus siegreich auferstand.

Jeden Sonntag Lebensboten

werden uns zum Trost gesandt.

Gegenwärtig dann uns werden

Jesu Tage hier auf Erden.

 

Tausendzüngig neugeboren

dann sein Wort hat freien Lauf:

Höret, wer dazu har Ohren,

aus dem Schlafe wachet auf!

Stehet auf von Tod und Sorgen,

grüßt den goldnen Ostermorgen!

 

Jeden Sonntag bebt das ganze

Todesreich in tiefer Erd

vor des hellen Christi Glanze,

vor der Lebensworte Schwert.

Siegreich sie den Tod bekriegen,

ja, den Satan selbst besiegen.

 

Søndag morgen fra de døde - 1837

 

 

 

*  *  *

 

 

 

N.F.S. Grundtvig und seine Gedanken über »folkelig livsoplysning« - Volkstümliche, »volkhaftige« Lebensaufklärung oder Lebenserhellung

 

Vortrag auf »Der Volkshochschule für Ruheständler Marielyst« (Falster, Dänemark). 05.09.00

 

 

Nikolaj Frederik Severin Grundtvig wurde am 8. September 1783 in Udby auf Südseeland geboren, dass heißt im »Amt« (Kreis), dem auch unsere Inseln Lolland und Falster gehören, »Storstrøms Amt« (»Kreis Großer Strom«(?)). Er starb am 2. September 1872.

Grundtvigs Vater, Johan Grundtvig war Pfarrer in Udby. 1803 schloss er sein Studium der Theologie ab.

Von 1805 bis 1808 war er Hauslehrer auf einem Gut auf der Insel Langeland (unmittelbar westlich von Lolland), und hier erlebte er eine »romantische« Erweckung. Er las Schiller, Fichte und die modernen »romantischen« Dichter. Vor allem war er unter Einfluss von dem großen deutschen romantischen »Naturphilosophen« Schelling. Später fand er in der nordischen Mythologie eine Lebensdeutung, die ihm helfen konnte.

»Romantik« und »Naturphilosophie« konnten ihn aber nicht mit der trivialen Existenz versöhnen - oder ihn aus der Existenz emporheben. Und die nordische Mythologie war auch keine wirklich religiöse Möglichkeit für ihn, höchstens eine Art »natürliche Offenbarung« des Ewigen durch die Bilder, die die Nordländer des Altertums gesehen hatten. Später sah Grundtvig in der Mythologie ein Ausdruck dafür, was im Menschen zur Zeit seiner Kindheit zum Ausdruck gekommen war, das heißt eine einzigartige Quelle zur »Menschenkunde«.

Auf der Insel Langeland, in den Jahren 1805-1808, wurde das Christentum auf einer neuen Weise das Fundament des Lebens Grundtvigs. Weder die »Romantik«, die Naturphilosophie noch die Mythologie konnten als religiöse Alternative dienen. Und es ist sehr, sehr wichtig, dass man dies gut versteht. Grundtvig ist kein »Halbromantiker« oder »Halbheide«, sondern ein sehr rechtgläubiger Christ und Theologe, in der christlichen Tradition tief eingewurzelt. Zum Beispiel hat ein theologisch ausgebildetes dänisches Mitglied der russisch-orthodoxen Gemeinde i Kopenhagen mir gesagt: »Ich weiß sehr wenig von Grundtvig. Ich weiß aber, dass er der größte Orthodoxe im Protestantismus ist!«.

Ich drücke dieses eigentümliche Verhältnis so aus: Die »Romantik« konnte für Grundtvig keine religiöse Alternative sein, aber wenn er zum Christentum zurückkehrte, brachte er alles, was in der »romantischen« Lebensanschauung wahr und gut war, mit sich, so dass er sich das Christentum in seiner ganzen Fülle und Breite erlernen und aneignen musste.

Nicht nur Ausländer, sondern auch vielen Dänen fällt es schwer, dies zu verstehen!

Grundtvigs Rückkehr zum Christentum auf Langeland war aber nur ein Anfang. Erst im Laufe der 1820er Jahren wurde die besondere Grundtvig’sche Theologie entwickelt. Im Winter 1831/31 findet die Endgültige Entwicklung der Theologie und kirchliche Strategie Grundtvigs statt.

In den Jahren 1808-1811 lebt Grundtvig in Kopenhagen und versucht hier, Karriere als Mythologe, Philologe, Kritiker und Dichter zu machen.

Im Winter 1910/11 geriet er in eine tiefe geistige Krise, und in den ersten Jahren nach dieser Krise hat er die orthodox-pietistische bibelgläubige Form des Christentums seines Elternhauses übernommen. Man kann sagen, das er sehr »neubekehrt« war!

Im Mai 1811 wird Grundtvig als Pfarrer ordiniert - und dient bis August 1813 als Hilfspfarrer für seinen Vater in Udby!

Neben dem Dienste findet Grundtvig Zeit für literarische Arbeiten, unter anderem für seine erste »Weltchronik«, die im Jahre 1812 erschien - und zum Anlass einiger literarischer Fehden wurde, unter anderen mit dem Physiker H.C. Ørsted (der Elektromagnetismus!).

Der Streit mit Ørsted betrifft hauptsächlich die Beurteilung des Philosophen Schilling, dem Grundtvig - als jetzt sehr rechtgläubiger Christ - vorwirft, durch seine Identitätsphilosophie die faktischen Gegensätze des Daseins, ganz besonders den Gegensatz zwischen Gut und Böse, harmonisiert zu haben.

In der Grundtvig-Forschung spielen verschiedene Jahreszahlen eine große Rolle. Und die verschiedenen Forscher und Schulen haben ihre besondere Jahreszahl. Für einige ist das Jahr der Krise und der Bekehrung das entscheidende Jahr. Hier wird Grundtvig bibelgläubiger Christ. Weitere Wichtige »Grundtvig-Jahre« sind: 1815, 1819, 1824, 1825 und 1832.

Im Jahre 1815 beschließt Grundtvig seine Predigttätigkeit ganz einzustellen. Er will nicht Fanatismus vorgeworfen werden. Jetzt will er indirekt, apologetisch-philosophisch vorgehen.

In den Jahren 1816-1819 gibt er eine Zeitschrift aus, »Danne-Virke« (der Name des alten dänischen Verteidigungs-Walles in Schleswig!!!). Von sehr großer Bedeutung sind hier die acht großen philosophischen Abhandlungen, die eine Fundamentale Rolle in meiner Dissertation spielen.

Im Jahre 1817 erscheint eine neue Welt-Chronik von Grundtvig.

Man kann sagen, dass Grundtvig in diesen Jahren versucht, eine breite christlich-dänische kulturelle Alternative auszuarbeiten: Christentum, Geschichte, alltägliche Erfahrung statt (deutscher!) Naturphilosophie, Idealismus und Spekulation.

Ein wichtiger Teil der Arbeit Grundtvigs in diesen Jahren sind die drei großen Übersetzungsarbeiten: Die Übersetzung der lateinischen »Chronik Saxos«. Die Übersetzung der altnordischen »Chronik Snorres«. Und die Übersetzung des angelsächsischen Beowulfliedes. Diese Arbeiten sollte eine nationale, erweckende Rolle spielen.

Das Jahr 1815 war nicht nur das Jahr des nationalen Durchbruches Grundtvigs, sondern auch das Jahr des poetischen Durchbruches, des Durchbruches der ganz besonderen Bildsprache Grundtvigs. Einer der grossen literarischen Grundteig-forscher hat seiner Dissertation die Titel gegeben: »Grundtvigs Symbol-Welt«. - In meiner Dissertation habe ich Grundtvig die Bezeichnung »kirchlicher und nationaler Total-Dichter« gegeben. Und meiner letzten Grundteig-Untersuchung (mit der ich eben begonnen habe) habe ich die Arbeits-Titel gegeben: »Poetik, Poesie und poetisches Potential des Total-Dichters N.F.S. Grundtvig«! Damit wünsche ich auszudrücken, dass Grundtvig zwar ein sehr großer Dichter ist, der größte Dichter Dänemarks, der größte Kirchenliederdichter seit König David! Darüber ist kein Zweifel! Aber eben in dieser Größe ist er Dichter in einer ganz besondere Weise! Man kann sagen, dass er (und ich sehe jetzt von seinen Kirchenliedern und christlichen Gedichte ab) nur ein großes Gedicht geschrieben hat, also dass alle seine Gedichte Teile eines grossen Gedichtes sind, das von Dänemark, dem dänischen Volke - und Grundtvig selbst handelt!

Das Jahr 1819 ist für Grundtvig ein Jahr der Enttäuschung und sogar des geistigen Todes! Sozusagen ein großes negatives Grundtvig-Jahr. Weil niemand sich von seinen Schriften erwecken lässt. Die Zeitschrift »Danne-Virke« hört auf zu erscheinen. Er setzt aber seine Übersetzungsarbeit fort! Der Total-Dichter Grundtvig ist nicht ganz tot!

Im Februar 1821 wird Grundtvig in das Amt als Gemeindepfarrer in der Stadt Præstø auf Südostseeland berufen, und in 1822 bekommt er ein Pfarramt an der Erlöserkirche (Vor Frelsers Kirke) in Kopenhagen.

Zum Jahreswechsel 1823/24 fasst Grundtvig neuen Mut. Die wichtigsten Früchte dieses Durchbruchs sind das Gedicht »Das Land der Lebenden« und das 312 Strophen lange tief symbolische (»total-poetische«!) Gedicht »Neujahrs-Morgen« 1824. - 1824 ist ein sehr wichtiges Grundtvig-Jahr. In meiner kleinen Dissertation spielt dieses Jahr und das Gedicht »Neujahrs-Morgen« eine große Rolle. Man kann sagen, dass 1824 Mein Grundtvig-Jahr ist. Ich bin der Auffassung, das dieser »Morgen-Traum« Grundtvigs eigentlich alles in sich hat, und dass nur die neuen Enttäuschungen und der sogenannte Kirchenkampf in der zweiten Hälfte der 1820er Jahre die volle Entfaltung dieses Durchbruches gehindert haben.

Im Jahre 1825  macht Grundtvig seine große kirchliche Entdeckung, die Entdeckung der wirklichen, historischen Kirche und ihres Bekenntnisses. Im kirchlichen Zusammenhang ist 1825 das große Grundtvig-Jahr! Auch von großer Ökumenischer Bedeutung. Ich persönlich bezeichne meine von Grundtvig inspirierte Kirchentheologie als »evangelische Minimalkatholizität«. Ich kann hier nichts weiteres darüber sagen. Aber vielleicht während unseres Gespräches nach dem Vortrag?! - Hier nur folgendes:

Während seiner Tätigkeit als Pfarrer war Grundtvig zu einer immer höheren Wertschätzung des Gottesdienstes gelangen, und sein Gegensatz zur zeitgenössischen rationalistischen und idealistischen Verkündigung führt ihn schrittweise zu der Überzeugung, dass die Rede Gottes nicht in erster Linie im geschriebenen Bibelwort zu finden sei, sondern in dem Wort, das in Taufe und Abendmahl ergeht. Das Schriftwort ist zu allen Zeiten den divergierenden Auslegungen der Theologen unterworfen gewesen. Dagegen ist das Glaubensbekenntnis und die Worte der persönlichen Anrede in der Taufe und den Einsetzungsworten des Abendmahls, die seit den Tagen der Urkirche unverändert geblieben sind, das lebendige Wort des Herren selbst! Deshalb ist der feste Standort der Christen nicht im Buch der Bibel zu finden, sondern dort, wo sich die Gemeinde um das vernehmbare Wort Gottes bei Taufe und Abendmahl versammelt.

Nach dieser Entdeckung folgt (Leider!) der »Kirchenkampf«. Von dem ich hier nichts weiteres sagen kann. Wichtig ist nur, das der letzte Durchbruch Grundtvigs - im Jahre 1832 - nicht nur ein christlich-theologischer Durchbruch in Grundtvig selbst ist, sondern auch ein Aus-Bruch aus der unmöglichen Situation des Kirchenkampfes ist. Jedenfalls meiner Meinung nach. Für meinen grossen Lehrvater Pastor, Doktor Kaj Thaning, ist das Jahr 1832 von außerordentlicher Bedeutung. Unter dänischen Theologen und Grundtvig-Forschern gibt es diesen Scherz: »Du sollst niemals Kaj Thaning fragen, wie viel Uhr es ist, denn er wird immer antworten: "18.32"!«.

In den Jahren 1829-1831 unternimmt Grundtvig mit öffentlicher Unterstützung drei Reisen nach England, um dort Handschriften aus dem englischen (angelsächsischen!) Mittelalter zu studieren. - Grundtvig war ein großer Philologe dessen Name heute noch in der wissenschaftlichen Literatur über angelsächsische Philologie auftritt! (Wie schon erwähnt war er auch ein großer altnordischer Philologe und Mythologe. Und wir haben gehört, dass er die Chronik Saxos aus dem Lateinischen übersetzt hatte. Ein großer Historiker war er auch - und natürlich Theologe. Außerdem war er nicht nur ein großer Dichter (obwohl von ganz besonderer Art!), sondern auch (besonders vor 1819) ein großer Kenner und Kritiker der schönen Literatur. Grundtvig war eine Art Polyhistor!

Die philologischen Studien Grundtvigs waren aber nicht der wichtigste Ertrag der Reisen nach England. Der dauerhafteste Ertrag dieser Reisen ist für Grundtvig selbst, dass er in England einer anderen Lebensform begegnet als der, die er aus Dänemark kennt. Die realistisch-praktische Lebensauffassung der Engländer und ihr Sinn für geistliche und weltliche Freiheit beeindrucken ihn.

Die erste Frucht der Reisen nach England (aber auch eine Frucht der Entwicklung in Grundtvig selbst durch die 1820er Jahre) ist die neue »Mythologie des Nordens« 1832, eines der wichtigsten Haupt- und Durchbruchswerke Grundtvigs. Und in unserem Zusammenhang heute von ganz besonderer Bedeutung! Weil dieses Werk als nichts weniger als die Grundlage des Denkens Grundtvigs über die Volks-Hochschule gilt!!!

Aber wie kann ein Handbuch der nordischen Mythologie, von einem christlichen Theologen geschrieben, eine solche und so große Bedeutung haben?

Nun, es ist natürlich nicht die Darstellung der Mythologie als solcher, die diese große Bedeutung gehabt hat! Sondern die EINLEITUNG des Buches! In der sehr langen Einleitung zum Handbuch der nordischen Mythologie geht es natürlich eigentlich in erster Linie um die Frage, warum es überhaupt so wichtig ist, diese alte Mythologie zu studieren. Aber der Versuch diese Begründung zu geben, entwickelt sich im Laufe des Winters 1831/32 zu einer grossen Abhandlung über Wissenschaft, Kultur und »volkstümliche Lebenserhellung/Lebensaufklärung«.

In der Einleitung zur Nordischen Mythologie setzt Grundtvig sich für eine breite Zusammenarbeit und eine neue wissenschaftliche Bildung auf der Grundlage des nordischen Kulturerbes ein. Diese nordische Tradition beruht nach der Meinung Grundtvigs auf einer tieferen Auffassung vom Menschen und vom Leben als die der klassischen Bildung, nicht im Sinne von klaren Begriffen, sondern als ein wunderbares Rätsel von göttlichen Kräften, dass sich erst allmählich im Laufe der Geschichte auflösen wird.

Das Studium des »Lebenslaufes des Menschengeschlechts« soll deshalb die Hauptaufgabe der neuen Bildung sein, die ihr Zentrum in einer »bürgerlichen« Akademie haben soll, wo alle, die führende Positionen in der Gesellschaft einnehmen wollen, Natur, Geschichte und Sprache des Vaterlandes studieren und sich zugleich praktisch ausbilden können. Hierzu kommt das »Handbuch der Welt-Geschichte« (I-III 1833ff), das die Geschichte der Völker und Staaten auf der Grundlage der Gedanken aus der »Mythologie des Nordens« darstellt.

Dann folgen de sogenannten »Schulschriften Grundtvigs«, auf dänisch: »Højskoleskrifterne«, d.h. »die Schriften über die »Volks-Hochschule, die völkische Hochschule.

In diesen Schriften legt Grundtvig seine Ideen von einer freien, lebendigen und natürlichen Volksbildung dar. Der Unterricht soll nicht primär auf Büchern beruhen, sondern auf dem lebendigen, gesprochenen Wort in der Muttersprache. Die »Schule für das Leben« soll gerade die Wechselwirkung des Gespräches zwischen Lehrern und Schülern und zwischen den Schülern untereinander sein. Sie soll ihren Inhalt sowohl der gegenwärtigen Lage des Volkes als auch der Geschichte und Dichtung (hierunter den Mythen) entnehmen, die Ausdruck für die Eigenart des Volkes sind. Der Unterricht soll zugleich realistisch und »historisch-poetisch« sein. Schon in der 1840er und 1850er Jahren werden eine Anzahl von Volkshochschulen gegründet, deren Ziel und Methode wesentlich von den Ideen  Grundtvigs geprägt sind.

Im letzten Teil dieses Vortrages werde ich von der theologischen und philosophischen Grundlage des Begriffes Grundtvigs von der neuen menschlichen Wissenschaft und der neuen volkstümlichen Lebens-Erhellung/-Aufklärung erzählen - und während unseres Gespräches vielleicht auch von meinen Gedanken über die Zukunft dieser Teile der Grundtvig’schen Tradition.

Zunächst aber ganz kurz über den Rest des Lebens und Werkes Grundtvigs:

Vor dem Jahre 1837 schrieb Grundtvig nur wenige Kirchenlieder. Aber von diesem Jahre an schreibt er eine große Menge von Kirchenliedern. Der erste band seines »Liederwerks für die Dänische Kirche« (1837) enthält etwa 400 seiner insgesamt 1500(!!!) Lieder. Außer originalen Schöpfungen enthält de Sammlung eine lange Reihe von Nachdichtungen von Liedern aus der ganzen kirchlichen Tradition.

Grundtvig war sich sehr bewusst, das die Kirche im Laufe ihrer Geschichte sich durch verschiedene »Volks-Gemeinden« entwickelt hatte, und darum wünschte er, Übersetzungen der Psalmen, Hymnen und Lieder aller dieser »Volksgemeinden« zu machen: der ersten, »hebräischen« Gemeinde, d.h. der David-Psalmen, der »griechischen« Gemeinde (der Urkirche / der östlichen, orthodoxen Kirche), der »lateinischen« (mittelalterlichen westlichen) Gemeinde, der angelsächsischen (englischen) Gemeinde, der deutschen (lutherischen) und der nordischen / dänischen Gemeinde. Die Liedersammlung Grundtvigs ist also universell angelegt. Hier manifestiert sich die heilige allgemeine Kirche. Die Kirchenliederproduktion Grundtvigs ist der wichtigste Ausdruck des beispiellosen »ökumenischen Potentials« Grundtvigs!

1839 erhält Grundtvig eine feste Stelle als Pfarrer an der Hospitalskirche von Vartov  in Kopenhagen, ein bescheidenes Amt, das er neben seinen umfangsreichen Studien und dichterischen Arbeiten bewältigen konnte. Die stetig wachsende Schar der Anhänger Grundtvigs erhält hier einen festen Versammlungsort.

Grundtvigs Erfolg mit öffentlichen Vorlesungen (von 1838 an) leitet eine neue Periode ein, in der er wachsende Zustimmung erfährt.

Seine Schulgedanken finden immer mehr Anklang. Aber sie werden vor allem in privaten Volkshochschulen, Lehrerseminaren und Freischulen realisiert.

In den Jahren 1848-58, und noch 1866 war er Mitglied des dänischen Reichtages.

Die Bedeutung Grundtvigs für Dänemark lässt sich nur schwer ermessen. Als Dichter, Pfarrer, Pädagoge, Philosoph und Politiker brachte er mit seinem Wirken eine Kettenreaktion in Gang, die nicht nur die Volksbewegung und kirchliche Bewegung umfasst, die seinen Namen trägt (den Grundtvigianismus), sondern z.B. auch in der wirtschaftlichen Umstrukturierung der Landwirtschaft Ende des 19. Jahrhunderts und in der Genossenschaftsbewegung ihren Niederschlag fand.

In den Entwicklungsländern haben die Ideen Grundtvigs von der Identität eines Volkes Einfluss gewonnen.

Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts war eine sehr große Periode der dänischen Kulturgeschichte, das »goldene Zeitalter«. Weltberühmt sind vor allen Hans Christian Andersen und Søren Kierkegaard. Grundtvig ist noch nicht so berühmt im Ausland. Das hängt aber in hohem Grade damit zusammen, dass er noch schwieriger als die anderen zu übersetzen ist, sowohl sprachlich als auch inhaltlich. Er ist sehr »dänisch«!

Nichts desto weniger hat man im Ausland begonnen die einzigartige Bedeutung Grundtvigs zu verstehen. Hier spielt auch die 1947 gegründete Grundtvig-Gesellschaft eine immer größere Rolle. Und Das Zentrum für Grundtvig-Studien an der Universität zu Århus. Und Die Grundtvig-Akademie - in Vartov! (Kopenhagen, wo Grundtvig selbst Pfarrer war).

In Deutschland gibt es ein ganz großes Interesse für Grundtvig. Ich kann Ihnen eine ganz großes Verzeichnis von Grundtvig-Literatur in deutscher Sprache zeigen. Und ich kann Ihnen dieses Buch zeigen:

»UM DES MENSCHEN WILLEN. Grundtvigs geistiges Erbe als Herausforderung für Erwachsenenbildung, Schule, Kirche und soziales Leben«. - Dokumentation des Grundtvig-Kongresses vom 7. bis 10. September 1988 an der Universität zu Köln.

Im Jahre 1983 erschien aus Anlass des 200-jährigen Geburtstages von N.F.S. Grundtvig - auf dänisch und auf anderen Sprachen, auch auf deutsch - dieses Buch: »N.F.S. Grundtvig. Tradition und Erneuerung. Grundtvigs Visionen von Mensch, Volk, Erziehung und Kirche, und ihre Bedeutung für die Gegenwart«[1]. - Der erste, biographische Teil dieses Vortrages baut auf der einleitenden Grundtvig-Biographie dieses Buches.

***

Im letzten Teil dieses Vortrages - und während unseres Gespräches nach dem Vortrag - werde ich - wie schon gesagt - von meiner eigenen Forschung in der theologischen und philosophischen Grundlage des Begriffes Grundtvigs von der neuen menschlichen Wissenschaft und der neuen völkischen Lebens-Erhellung/-Aufklärung erzählen - und von meinen Gedanken über die Zukunft dieser Teile der Grundtvig’schen Tradition.

 

Ich habe zwei Abhandlungen über Grundtvig geschrieben:

Die kleine Doktor-Dissertation (Lizentiat-Abhandlung) 1985, herausgegeben 1987: »Von Traum zu Programm. Die Stellung und Bedeutung des Menschenlebens und dessen Welt in N.F.S. Grundtvigs Christentumsverständnis, von dem Tagesanbruch in 1824 über die Entdeckung in 1825 bis zur Einleitung in 1832«.[2]

Und die große Dissertation 1998 für die ich den theologischen Doktorgrad bekommen habe: »Über Grundtvigs ‘Vidskab’ [d.h. Wissenschaftslehre oder Philosophie]. Eine Untersuchung des Verhältnisses N.F.S. Grundtvigs zur erkenntnismäßigen Seite des christlich notwendigen Lebensengagements«.[3]

In dem ersten Buch habe ich - als kritischer Schüler des grossen Grundtvig-Forschers Kaj Thaning die Fragen behandelt:

Wie war das Verständnis Grundtvigs von dem schon mit der Schöpfung gegebenen »sachlichen Eigenwert« des Menschenlebens. - Und welche Bedeutung hat er dem diesseitigen Lebensengagement als Teil des christlichen Gottesverhältnisses und der christlichen Erwartung vom Reiche Gottes beigemessen?

Die Antwort auf diese Fragen ist ganz kurz: JA!

Um eine ausführlichere Antwort auf deutsch zu geben, werde ich jetzt den Text des Vortrages von Kaj Thaning am Grundtvig-Kongress 1988 an der Universität zu Köln[4] (in meiner eigenen Redaktion und mit meinen eigenen Bemerkungen!) zitieren:

 

Die Frage, die [Grundtvig] aus seiner Jugend mitbrachte, war diese Frage, die er an ein Christentum richtete, welches das Leben hier auf Erden nur als Wanderschaft zu einer besseren Welt auffasste: Bedeutet es denn gar nichts, dass man dieses Menschenleben von der Geburt bis zum Tode lebt? Ist dieses Leben nur Wartezeit, Probezeit? Seine kämpferischen Jahre waren ein Suchen nach einer Antwort auf diese Frage. Dies führte zu einer Auseinandersetzung mit dem Bußchristentum [...] und zu dem Versuch, das »Rätsel des Menschen« zu lösen, das sich ihm in der deutschen Romantik stellte.

 

[Kaj Thaning erzählt jetzt vom polemischen Hintergrund des Gedichtes »Mensch ist man erst, dann wird man Christ« aus dem Jahre 1837. In diesem Gedicht betont Grundtvig den Zusammenhang zwischen wahrem Menschsein und Christentum, »Mensch ist man erst, dann wird man Christ; das ist die Ordnung des Lebens«. Und in der letzten Strophe sagt er:

Darum strebe jeder immerfort

hier wahrer Mensch zu werden,

öffne sein Ohr dem Wahrheits-Wort

und ehre Gott auf Erden:

Ist Christentum der Wahrheit Sach,

dann wird er Christ ganz ungemach;

wenn heute nicht, dann morgen!][5]

[Ich zitiere weiter aus dem Vortrag Kaj Thanings:]

[Grundtvig] war in seinem Hauptwerk »Mythologie des Nordens« im Jahre 1832 die Augen für das »Leben« aufgegangen, das »vorliegende Leben, wie er sagte. Dies war wirklich voll, dies bedeutete etwas in sich, dieses Leben war die Voraussetzung dafür, dass auch das Christentum etwas bedeuten konnte. Es gab ein Menschenleben auf Erden, ehe das Christentum in die Welt kam. So wie er vorher entdeckt hatte, dass es eine Kirche auf Erden gab, ehe das Neue Testament geschrieben wurde [...]. [So] gewann er jetzt einen Blick für die von Gott geschaffene Welt, die schon da war, ehe er vom christlichen Glauben erfuhr, die Welt existierte schon vor der Kirche. Und Grundtvig sah, dass es wahre Menschen in der Welt gab, ehe es Christen gab. Auch die Menschen des Alten Testaments waren wahre Menschen, auch wenn sie keine Christen waren, da sie vor Christus gelebt hatten. [...]

[In 1823 - oder schon früher? (BC)] stieß [Grundtvig] durch Zufall auf den alten Kirchenvater Irenäus [...]. Irenäus hatte [...] [das falsche Christentum bekämpft, das] man heute Gnostizismus nennt. Diese Religion leugnete - im Gegensatz zur Bibel - den Glauben an Gott den Schöpfer: Die Seele ist ein Fremdling in dieser Welt und muss sich über das Irdische [...] erheben [...]. Aber die Waffe des Irenäus war gerade der Schöpfungsbericht des Alten Testaments: Gott selbst hat Himmel und Erde geschaffen und Adam auf die Erde gestellt, damit er sie in Ehrfurcht vor Gott pflege. Der Sündenfall besteht in dem Ungehorsam des Menschen gegen den Schöpfer, nicht aber schon in der Tatsache, ein irdischer Mensch zu sein [...].

Als Konsequenz aus diesen Einsichten macht Grundtvig nun einen Vorschlag, um alle Kräfte guten Willens zu vereinigen: Er bietet Arbeits- und Kampfgemeinschaft über die Grenzen zwischen Glauben und Unglauben hinaus an [...]. Mit allen »Leuten mit Geist« [können die Christen eine Lebensanschauung teilen, die Grundtvig »die mosaisch-christliche Grundanschauung« nennt] [...].

Grundtvigs Entdeckung des Menschenlebens bedeutete zweierlei: 1. Das Christentum ist für das Menschenleben da. 2. Die Kulturarbeit ist für das Menschenleben da. Seine [christliche Predigt in der Kirche] soll nun bedeuten, dass das Menschenleben erlöst, befreit und in der Taufe neu geschaffen wird. Die Finsternis ist besiegt, der Tod ist überwunden, und das ewige Leben existiert hier und jetzt und ist nur deshalb eine ewige Wirklichkeit. In einem Lied schreibt er: »Mitten unter uns ist Gottes Reich«. Es ist unsichtbar, es existiert nur für den Glauben, aber Gott wird es einmal sichtbar machen. Aber es geht um die Erneuerung dieses Himmels und dieser Erde. Gott will seine Schöpfung erneuern, er will sie nicht durch etwas anderes ersetzen.

Aber dann müssen wir uns dieses Lebens bewusst werden, es wecken und erhellen. Lebenserhellung wird zum Hauptwort für Grundtvig, sie ist Aufgabe der Hochschule. [BC: Lebensaufklärung, Durchleuchtung - vergleichen Sie die neutestamentlichen Begriffen »Verklärung« (z.B. Matthäus. 17,1-8) und »Herrlichkeit« (z.B. 2. Korintherbrief 3,18.).].

Diese Hochschule soll »volkhaft« sein, forderte Grundtvig schon 1832, als er seine Ideen vortrug. Er stellt die Hochschule des Volkes der Universität gegenüber, der akademischen Hochschule. Er spricht von Volksbildung, was vor ihm niemand getan hatte. Es handelt sich um eine andere Bildung als die akademische, die das Privileg der sogenannten Gebildeten war [...]. Die Volksbildung [...] sollte dem Volke ihre Sprache entlehnen [die Sprache des Volkes benutzen], die Muttersprache sollte belebt und zur Sprache des Landes werden. [...]

Die [Volks-]Hochschule ist [...] nicht als eine christliche Schule gedacht. Grundtvig hat sogar die mosaisch-christliche Anschauung verlassen und spricht statt dessen von Lebenserhellung, wobei er an seine »historisch-poetische« Erhellung des gemeinsamen Lebens denkt. Alle bedürfen der historischen Erhellung des Lebens, man muss wissen, wo man zu Hause ist, was für eine Vergangenheit man hat, wo man hingehört [...]. Der Mensch ist im Bilde Gottes geschaffen, »mit lebendigen Worten auf seiner Zunge« [...]. Dieses lebendige Wort soll die tragende Grundlage der Hochschule sein, nicht Bücher [...]. Die Hochschule baut auf der »Wechselwirkung«, zunächst zwischen Lehrer und Schüler, dann auch zwischen den Schülern untereinander. - [Weiter S. 61 letzter Absatz - und weiter!]

 

Das war mein Referat des Vortrages Kaj Thanings. In unserem Gespräch werde ich mehr von den beiden Bücher zitieren können - und weitere eigene Bemerkungen machen können.

Hier am Ende meines Vortrages kann ich alles in einem letzten Zitat zusammenfassen, in dieser Strophe eines Gedichts von Grundtvig, die ich selbst zu übersetzen versucht habe. Die Liebe zu dem Leben in dieser Welt und das Engagement und die Deutung und das Verstehen dieses Lebens ist der notwendige Inhalt im christlichen Glauben, im christlichen Gottesverhältnis und in der christlichen Hoffnung, überhaupt die Bedingung dafür, das christliche Evangelium hören und verstehen zu können:

Sind für uns nur leere Wörter

eig’nes Volk und Vaterland,

wenn für uns sie nichts bedeuten

mehr als Menge, Erde, Strand,

dann ist auch nur leeres Reden

Paradies und Christi Kirche,

Gottes Reich und Gottes Volk![6]

 

 

 

*  *  *

 

 

 

ANDERE TEXTE

 

 

ALLE WERDEN UNS LIEBEN!

 

[Online-Kommentar.  ”Die Zeit” 02.03.06 . - Vielleicht können Sie den Artikel (in der ”Zeit” 16.02.06), den ich kommentiere, hier lesen: http://www.zeit.de/2006/08/Dnemark_08]

 

 

Eine Pastorin hier in unserer Diözese Lolland-Falster hat mir eben eine Kopie des Artikels ”Warum hassen sie uns?” gesandt (Die Zeit 16.02.06). Es ist ein boshafter, böswilliger Artikel. Das schlimmste ist, dass es so schamlos mit dem islamistischen Terror droht. Und kein Wort davon, dass der Hintergrund der Zeichnungen Jyllands-Postens der Mord an Theo van Gogh ist - und die Drohungen gegen Ayaan Hirsi Ali, der Überfall auf einen dänischen Universitätslehrer und mehrere Beispiele der Selbstzensur in Dänemark und anderen Ländern. Das letzte Beispiel war, dass man für ein Kinderbuch über den Profeten Mohammed keinen Zeichner finden konnte, der unter seinem Namen auftreten wollte.

 

Man kann sagen, dass die ”Aktion” Jyllands-Postens in hohem Grade auch ein Ausdruck der Solidarität mit Holland war. Und heute sehen wir, das Holland in der Europäischen Union das Land ist, das mit uns am meisten solidarisch ist.

 

Wir haben aber auch andere mutige Freunde in den Bevölkerungen der Europäischen Union und anderer demokratischen Länder, und wir werden mehr bekommen. Die Islamisten haben einen globalen Krieg gegen Freiheit, Demokratie und Menschenrechte eingeleitet. Diesen Krieg werden wir aber gewinnen. Und die universalen Menschenrechte sollen auf einmal unser Ziel und unsere Waffe sein. Die islamischen Diktaturen müssen von jetzt ab unter einen ständigen Druck gesetzt werden, damit auch die Mitmenschen die dort in Unfreitheit leben, befreit werden können und ein besseres Leben haben werden.

 

Dänemark wird in diesem Kampf eine leitende Rolle spielen. Wie wir immer eine leitende Rolle im Kampf für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte gespielt haben. Und alle werden uns lieben!

 

 

Bent Christensen

Pastor, Dr. theol.

Fuglsevej 5

DK-4960 Holeby

 

 

 

*  *  *

 

 

 

ICH DANKE DER REDAKTION DER ”WELT”

 

Am ersten Februar 2006 habe ich Folgendes der deutschen Zeitung ”Die Welt” gesandt:

 

 

Als demokratischer und freiheitsliebender Däne danke ich herzlich der Redaktion dafür, dass Sie diese Zeichnungen gebracht haben [die Muhammed-Zeichnungen der dänischen Zeitung Jyllands-posten]. Sie helfen uns, aber auch Deutschland und allen anderen demokratischen Ländern. Wir müssen zusammen gegen alle totalitären Kräfte kämpfen. Und wir werden siegen. Alle totalitären Ideologien, die wir in der Geschichte gesehen haben, haben zum Schluss verloren.

 

Bent Christensen

Pastor, Dr. theol.

 

 

- -

 

 

UND ICH BITTE ALLE DEMOKRATEN UM HILFE

 

Helft uns heute - das nächste Mal kann es Euer Land werden!

 

01.02.06

 

Es freut mich, dass ”Die Welt” die dänischen Muhammed-Zeichnungen gebracht hat. Und ich habe heute auch gesehen und gehört, dass nicht nur eine französische und eine isländische Zeitung die Bilder gebracht haben, sondern auch andere europäische Zeitungen. Und dass ”Journalisten ohne Grenzen” sich auch für die Pressefreiheit  geäußert haben. Hoffentlich wird es noch mehr Fürsprecher der Freiheit und der Demokratie in dieser Situation geben. Ich hoffe auch, dass die Europäische Union fest und solidarisch auftreten wird. Vielleicht wird es nicht so schlimm.

 

Unter allen Umständen müssen wir aber den weltweiten Kampf gegen den Islamismus fortsetzen, einen Kampf, der auch ein Kampf für die Befreiung der Menschen ist, die unter dieser Tyrannei leiden.

 

Ich bin Däne. Ich habe meinen Doktorgrad für eine Dissertation über Grundtvig bekommen. Darum bin ich nicht nur wie besessen von der Frage der Freiheit, sondern auch ein Christ mit einem tiefen Verständnis für die Würde aller Menschen. Wir sind alle Gottes Geschöpfe, nach Seinem Bilde, nach Seinem Gleichnis. Und ich glaube, dass der einzelne Moslem, der in aufrichtiger Frömmichkeit betet, irgendwie zu demselben Gott betet, zu dem ich bete. Wir müssen aber für die Freiheit auch dieser Mitmenschen kämpfen.

 

Helft uns! Helft Europa! Helft der ganzen demokratischen Welt! Helft allen Menschen zur Freiheit

 

 

 

*  *  *

 

 

 

HUMANISMUS UND FREIHEIT

 

Der folgende Text ist das originale Manuskript (mit einigen Korrekturen auf Grund der Version in der Zeitung) eines Artikels, der in der Österreichischen Wochenzeitung »Zur Zeit« Nr. 51-52/01, 21. Dezember 2001 – 3. Jänner 2001, gebracht wurde

 

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Dänemark: Nur scheinbar paradoxe Verhältnisse

 

Humanismus und Freiheit

 

Wir wollen in Freiheit in einem dänischen Dänemark leben können

 

Von Bent Christensen

 

 

Schon vor, aber besonders nach der historischen Wahl zum dänischen Parlament, dem "Folketing", am 20. November 2001 haben ausländische Journalisten und Politiker uns Dänen scharf kritisiert. Nicht zuletzt aus dem benachbarten Schweden, von unserem nordischen Brudervolk, sind harte Worte über uns geäußert worden. Und wie soll man dann im ferneren Ausland uns verstehen können? Für Ausländer ist es ein wirkliches Paradox, dass eben die Dänen so "fremdenfeindlich" sind. Die Dänen sind doch weltweit für Liberalität, Progressivität, Toleranz und Solidarität bekannt. Wenn man von Entwicklungshilfe, humanitärer Nothilfe und militärischem Friedenseinsatz spricht, steht doch Dänemark immer in erster Reihe.

Ich kann aber diese paradoxen Verhältnisse leicht erklären, und ich möchte es aus einem persönlichen Gesichtspunkt tun.

Ich bin in 1943 geboren und habe bis heute im großen und ganzen in einer Atmosphäre von Optimismus und Offenheit für die Zukunft und die Welt gelebt. Während meiner Militärzeit Anfang der sechziger Jahre wurde ich als "Sprachoffizier" mit Russisch ausgebildet, studierte später Dänisch und Russisch an der Universität in Kopenhagen, wurde aber nach einigen Jahren als Gymnasiallehrer (mit einer zusätzlichen theologischen Ausbildung) Pfarrer in der evangelisch-lutherischen Dänischen Volkskirche (Mitglieder sind heute 85% der Bevölkerung).

1998 bekam ich den theologischen Doktorgrad für eine Dissertation über das Verhältnis des großen dänischen Theologen, Philosophen, Historikers und Dichters N.F.S. Grundtvigs zur "Erkenntnismäßigen Seite des christlich notwendigen Lebensengagements", das heißt über die theologische und philosophische Grundlage auch der weltweit berühmten dänischen "Volkshochschule", deren Vater eben "mein" Grundtvig ist.

Ich gehöre damit dem Grundtvig’schen Lager der kirchlichen und kulturellen Landschaft in Dänemark an, das heißt einer ganz besonderen, aber sehr einflussreichen Tradition, in welcher "Folkelighed" ("Volkstum"), das Leben im "Volks-Organismus", und die Begriffe "Volksgemeinde" und "Wechselwirkung zwischen Kirche und Volk" eine entscheidende Rolle spielen. Man muss sich aber klar machen, dass diese deutschen Wörter im dänischen Zusammenhang eine durchaus unschuldige Bedeutung haben! Ich habe es selbst so ausgedrückt: "Wir Dänen sind keine Fremdenfeinde. Wir hassen niemanden, wollen niemandem Böses, sondern allen all das Beste. Wenn wir nur unsere Identität als dieses kleine einzigartig homogene Volk bewahren dürfen!".

So einfach ist es. Ein seinem Buche über Dänemark und die Dänen hat der ehemalige britische Botschafter James Mellon, der auch in Afrika Botschafter war, geschrieben, dass die Dänen nicht ein Volk, sondern ein Stamm sind! Die Mehrheit der Dänen will ganz einfach ihre Identität bewahren, das heißt die Möglichkeit haben, uns auf natürlicher Weise in die Zukunft zu entwickeln, und auf natürlicher Weise, das heißt als die, die wir sind, mit anderen Menschen zu tun haben, sowohl im Ausland als auch zu Hause. Wir wollen aber keinen "Bevölkerungsumtausch", keine Islamisierung der Gesellschaft und keine "Integration" im Sinne, dass wir in eine neue künstliche, utopische Multikultur integriert werden.

Als Pfarrer und Slawist bin ich seit 1990 an ökumenischer und kultureller Arbeit in und mit den ost- und westslawischen Ländern und ihren Kirchen beteiligt, sowohl mit anderen lutherischen Kirchen als auch mit orthodoxen und katholischen Kirchen. Vor den Sanktionen der übrigen Länder der Europäischen Union gegen Österreich war ich ein Anhänger der Europäischen Union, nicht zuletzt um meiner zentral- und osteuropäischen Freunde willen, sowohl der künftigen Mitgliedsländer als auch der GUS-Länder, mit denen die erweiterte EU zusammenarbeiten wird.

Seit den Sanktionen gegen Österreich bin ich der EU gegenüber sehr skeptisch geworden, das heisst der totalitären "humanistischen" und politisch korrekten Ideologie gegenüber, die in der Union - und auch in den meisten der europäischen Kirchen herrscht.

Was diese Ideologie betrifft, bin ich mit meinen Grundtvig’schen Freunden und anderen guten dänischen lutherischen Christen einig. In der dänischen Kirche und Theologie herrscht eine starke evangelisch-lutherische Tradition, in der man sehr skeptisch allerlei Werkgerechtigkeit, Pharisäismus und Ideologisierung gegenüber ist.

Sowohl in der Gesellschaft (unter den Wählern) als auch in der Kirche gibt es aber große Unterschiede. Man kann von einer Polarisierung sprechen - zwischen "Humanisten" (Anhängern der Einwanderung) und "Traditions-Dänen" oder anderen Einwanderungsgegnern. Bis zur Wahl am 20. November gab es eine Mehrheit im "Folketing" für eine verhältnismäßig liberale Einwanderungspolitik, aber eine Bevölkerungsmehrheit für eine Einstellung oder wenigstens Begrenzung des Zustroms.

Nach der Wahl herrscht größere Übereinstimmung zwischen Parlament und Bevölkerung. Es gab schon länger Widerstand in der Bevölkerung gegen die bisherige Fremdenpolitik. Der 11. September war aber eine entscheidende Begebenheit. Mit dem Terroranschlag in den USA wurde der Deckel vom Tabu-Topf weggesprengt. Denn auch hier in Dänemark mit unserer großen Tradition für Freiheit hat es eine Tyrannei des "Humanismus" und der politischen Korrektheit gegeben.

Als ich im Sommer 2001 - in Verzweiflung über die Meinungstyrannei - das "Pfarrerforum für kritische Einwanderungsdebatte" gründete, hatte ich Angst. Besonders fürchtete ich meinen guten Ruf. Aber abgesehen von einigen kaputten Freundschaften und ganz wenigen kritischen Briefen, waren die Reaktionen nur positiv. Auch in meiner Kirchengemeinde. Die politische Korrektheit war offenbar ein Papiertiger! Aber es gibt natürlich eine große Minderheit in der Bevölkerung, die anderer Meinung ist, besonders unter den Intellektuellen und Künstlern, aber auch unter den Leitern des wirtschaftlichen Lebens, die ein Kapitalistisches Interesse an der wirtschaftlichen Globalisierung haben (der "Luxus-Globalisierung") und die beiden Arten der Globalisierung vermischen.

Unser Pfarrerforum verhält sich kritisch zur unrealistischen und werkrechtfertigen Vermischung von Nächstenliebe und unkritischer Einwanderungspolitik, zum Humanismus und zur politischen Korrektheit, und zur Islamisierung Europas. Wir sind gute evangelische Christen, glauben aber nicht, dass die unkritische Einwanderungspolitik ein Ausdruck der wahren Nächstenliebe ist. Im Gegenteil, es kann eine Katastrophe für Europa bedeuten.

Ich bin nicht Mitglied einer politischen Partei, stehe aber in enger Verbindung mit sowohl der Spitze der Dänischen Volkspartei als auch den lokalen Vertretern dieser Partei. Ich habe Parteileiterin Frau Pia Kjaersgaard getroffen und habe mit ihr einen sowohl indirekten als auch direkten Briefwechsel. Ein Mitglied unseres Pfarrerforums, der eine leitende Persönlichkeit in der dänischen Kirche ist, Pastor Soeren Krarup, ist eben ins "Folketing" für die Dänische Volkspartei gewählt worden. Und ich kann garantieren, dass diese Partei keineswegs eine rechtsextreme Partei ist. Viele ihrer Wähler sind ehemalige Sozialdemokraten, ganz gewöhnliche, gutmütige, harmlose und anständige Leute. Ich kenne sie. Sie sind auch hier in meiner Kirchengemeinde. Man kann sagen, dass die Dänische Volkspartei eine Protest-Partei ist, und in diesem Sinne vielleicht eine "populistische" Partei. Aber rechtsextremistisch? Quatsch! Niemand in dieser Partei könnte davon träumen, Gewalt auszuüben oder andere undemokratische Mittel zu verwenden. Man wünscht nur in Freiheit und in einem dänischen Dänemark weiterleben zu können.

Die Dänische Volkspartei steht der Europäischen Union kritischer als ich gegenüber. Ich frage aber meine Freunde in dieser Partei, wie sie die Freiheit und Identität Dänemarks verteidigen wollen, von einem feindlichen Europa umgegeben. Meiner Meinung nach müssen wir Verbündete in den anderen EU-Ländern suchen. Und ich hoffe, dass wir solche in Österreich finden können. Aber ganz offen gesagt: Ich weiß nicht genau, wie ich mich zu unseren potentiellen Verbündeten in Österreich verhalten soll. Ich bitte meine Leser um Verzeihung, dass ich skeptisch bin. Wir Dänen sind wirklich gute Demokraten und wollen nichts mit Rechtsextremisten zu tun haben. Ich bin aber mit dem Herrn Redakteur Andreas Mölzer einig, dass "die Ausgegrenzten" sich nicht ohne wirklichen Grund gegenseitig ausgrenzen dürfen, und ich hoffe, das die Dänen und die Österreicher in der Zukunft für ein freies, demokratisches und europäisches Europa gemeinsam arbeiten werden können.

 

 

 



[1] Herausgegeben von Christian Thodberg und Anders Pontoppidan Thyssen, ins Deutsche übersetzt von Eberhard Harbsmeier.

[2] »Fra drøm til program. Menneskelivets og dets verdens plads og betydning i N.F.S. Grundtvigs kristendomsforståelse fra Dagningen i 1824 over Opdagelsen i 1825 til Indledningen i 1832«.

[3] »Omkring Grundtvigs Vidskab. En undersøgelse af N.F.S. Grundtvigs forhold til den erkendelsesmæssige side af det kristeligt nødvendige livsengagement«.

[4] Kaj Thaning: »Zuerst der Mensch ... - Grundzüge der Anthropologie Grundtvigs«. Übersetzung von Eberhard Harbsmeier. In: Paul Röhrig (Hrsg.): »Um des Menschen willen. Grundtvigs geistiges Erbe als Herausforderung für Erwachsenenbildung, Schule, Kirche und soziales Leben«. - Dokumentation des Grundtvig-Kongresses vom 7. bis 10. September 19898 an der Universität zu Köln.

[5] Christian Thodberg und Anders Pontoppidan Thyssen: »N.F.S. Grundtvig. Tradition und Erneuerung«, 310. - Deutsche Übersetzung W. Görnandt in »Grundtvig als Kirchenliederdichter in lutherischer und ökumenischer Sicht, 2. Aufl, Helsingør 1969, S. 76-77. Cf.  Paul Röhrig (Hrsg.): »Um des Menschen willen. Grundtvigs geistiges Erbe als Herausforderung für Erwachsenenbildung, Schule, Kirche und soziales Leben«. - Dokumentation des Grundtvig-Kongresses vom 7. bis 10. September 19898 an der Universität zu Köln.

[6] Von BC hier übersetzt - (fast) ohne Reimen.



[i] Vor 1.000 Jahren haben die Wenden nicht nur Lolland-Falster angegriffen, sondern sich auch auf diesen Inseln niedergelassen. Bei uns gibt es heute noch wendische Ortsnamen wie z. B. Binnitse, Korselitse, Kuditse,Tillitse und Vindeby (»Wendendorf«). Jetzt habe ich Kontakt mit den Sorben/Wenden in der Lausitz geknüpft, aber »unsere« Wenden müssen aus u. a. dem heutigen Mecklenburg gekommen sein. - Was weiß man in Mecklenburg von der wendischen Vergangenheit?

[ii] Als Anlage habe ich einige Exemplare eines Sonderdrucks des englischen Resümees mitgebracht. - »Omkring Grundtvigs Vidskab. En undersøgelse af N.F.S. Grundtvigs forhold til den erkendelsesmæssige side af det kristeligt nødvendige livsengagement«. Englisch: »About Grundtvig’s  Vidskab. An Inquiry into N.F.S. Grundtvig’s View of the Knowledge Aspect of the Commitment to Life that Is a Necessary Part of Christianity « (1998).

[iii] In Verbindung mit meiner zwischenkirchlicen Aktivität und meinen slawischen Studien habe ich das Messbuch der polnischen katholischen Kirche sehr gründlich studiert, und ich höre fast jeden Sonntag um 9 Uhr die Übertragung der Heligen Messe in der Kirche des Heiligen Kreuzes in Warschau.

[iv] Wir hatten auch Früher einen Zwischenkirchlichen Rat, der aber kein formaler Teil der Kirche war und darum einen mehr privaten Charakter hatte.